Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde,
Im Gottesdienst am Sonntag erklangen nochmal Osterlieder – aber das Fest scheint schon länger her und um uns herum zeigt sich immer mehr der Herbst. Aber Ostern ist ja gerade das Zeichen, dass es weitergeht: nach dem Tod und nach der Feier! Vor 2.000 Jahren brachten mutige Männer und Frauen die Botschaft von Jesus in alle Welt, dazu die neue Folge unserer Reihe zu „Personen der Osterzeit“ und passend Zitat und Vers am Ende.
Neben den Rückmeldungen zur letzten Wochen-challenge und den Impulsen für die neue müssen wir heute auch über ein weniger erfreuliches Thema aus unserer Gesamtkirche informieren (siehe Punkt 2).
- Biblische Personen in der Osterzeit: Stephanus
- Die Challenge der Woche & Nachrichten aus der IELCH
- Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch
1. Biblische Personen in der Osterzeit: Stephanus (Apg 6+7)
März und April sind wunderbare Reisemonate, um das Heilige Land zu besuchen! Die Winterkühle ist auch in Jerusalem endlich vorbei und des Sommers Hitze noch fern. Ein klassischer Touristentag beginnt mit dem Ölberg, von dem man das wunderbare Panorama der Altstadt genießen kann: Tempelberg und Felsendom, die vielen Kirchenkuppeln und das Goldene Tor.
Dann läuft man den Berg hinunter ins Kidrontal, besucht den Garten Gethsemane und bestaunt die 2000 Jahre alten Olivenbäume, an denen Jesus in der Nacht vor seinem Tod gebetet haben könnte. Zur berühmten Altstadt muss man danach wieder etwas emporsteigen – und der Reiseführer weist auf ein kleines, immer geschlossenes griechisches Kloster hin, das an einer lauten Straßenkreuzung steht. Hier wurde der orthodoxen Tradition zufolge Stephanus gesteinigt: der erste Diakon und erste Märtyrer der Christenheit.
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„Diakonos“ bedeutet im Griechischen „Diener oder Helfer“ – es ist das erste Amt innerhalb der urchristlichen Gemeinde. Die Apostel setzen sie ein, um den Witwen zu helfen, sie ganz konkret mit Essen zu versorgen (Apg 6): damit begann der organisierte Dienst am Nächsten, den wir heute „Diakonie“ nennen.
„Martyreo“ heißt übersetzt „Zeugnis ablegen“ / „etwas bezeugen“ und das konnte in ganz verschiedenen Kontexten gebraucht werden. In der frühen Kirche wurden damit aber zunehmend die „Märtyrer“ bezeichnet, die als „Blutzeugen“ nicht vom Evangelium abließen, selbst, wenn sie mit dem Tod bedroht wurden.
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Stephanus wird uns als ein Mann „voll Glaubens und Heiligen Geistes“ beschrieben, der „Wunder und große Zeichen unter dem Volk“ tat. Das klingt gut, aber man klagt ihn an, denn er redet von diesem Jesus aus Nazareth, der doch an Karfreitag (zu Recht) hingerichtet worden ist. Das gefiel denen, die am Tempel das Sagen hatten, nicht und so stellten sie ihn vor ihr Gericht, wo er auftrat „und alle, die im Rat saßen, blickten auf ihn und sahen sein Angesicht wie eines Engels Angesicht.“
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Ganz im Stil der großen Propheten hält Stephanus seine Verteidigungsrede (Apg 7) – angefangen bei Abraham und Mose, die Geschichte Gottes mit Israel würdigend und zu dem Ergebnis kommend: „Ihr Halsstarrigen, mit verstockten Herzen und tauben Ohren, ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr. Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt?“
Damit ist natürlich die Verfolgung Jesu gemeint und so „ging’s ihnen durchs Herz und sie knirschten mit den Zähnen“ über ihn. Er aber, voll Heiligen Geistes, sah auf und sprach: „Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. Sie schrien aber laut und hielten sich ihre Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein, stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn.“
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Der Heilige Stephanus: 1. Diakon und 1. Märtyrer der Kirche
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Stephanus hilft den Bedürftigen, tut große Werke und bezeugt auch in der Verfolgung seinen Glauben. Dafür stirbt er und wird bis heute als erster Diakon und Märtyrer verehrt, besonders im Nahen Osten, wo Christinnen und Christen seit Jahrhunderten in vielen Ländern verfolgt werden. Man kann sich nur annähernd vorstellen, wie schlimm es in den letzten Jahren für sie beispielsweise im Irak oder in Syrien war. Und so bin ich tief beeindruckt von den Worten Amill Gorgis, der in Berlin lebt und Mitglied der Syrisch-Orthodoxen Kirche ist: „Stephanus ist für uns ein großes Vorbild, auch, weil wir nun seine Gedanken an die Verfolger mitdenken, nicht nur an die Verfolgten, sondern an die Verfolger, und dass Gott ihnen die Augen aufmachen möge. Bei allem, was wir an Verfolgung und an Grausamkeiten erleben – wir haben die Hoffnung, und wir dürfen auch diese Hoffnung nicht verlieren, dass Gott ihnen einen Moment schenkt, wo sie drüber nachdenken über ihre Taten und eine Umkehr erfahren.“ Stephanus hatte ganz in Jesu Nachfolge als letzte Worte gerufen: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ Und ich bin tief davon beeindruckt, dass ein Mitglied der so schlimm verfolgten syrisch-christlichen Gemeinschaft nun ebenfalls für die Verfolger bittet.
Das kleine, immer geschlossene Kloster, das in Jerusalem an dem Ort erbaut wurde, an dem Stephanus gesteinigt worden sein soll, wirkt sehr unscheinbar neben all den anderen eindrucksvollen Bauten und Gedenkorten der Stadt. Aber das Zeugnis des ersten Diakons und Märtyrers der Christenheit leuchtet noch heute. Hält uns in Erinnerung, dass die erste organisierte Aufgabe der Gemeinde die Fürsorge für die Nächsten war. Und lädt uns alle ein, darüber nachzudenken, zu welchem Zeugnis wir persönlich bereit sind. Hoffentlich werden wir nie wegen unseres Glaubens verfolgt werden. Aber: Wann erzählen wir anderen davon? Wen laden wir dazu ein? Wo geben wir „Zeugnis“ in Wort und Tat? Das sind große Fragen – und niemand muss erschrecken, wenn ihm oder ihr erstmal keine Antwort darauf einfällt. Doch der Anspruch steht: wir sind nicht ChristIn für uns selbst, sondern auch zum Zeugnis gerufen!
2a) Aus unserer Versöhnungsgemeinde: die Challenge der Woche
Die Frage und Aufgabe zur letzten Woche stand unter dem Motto des Sonntags: „Misericordias domini“ (Barmherzigkeit Gottes) und bestand aus zwei Teilen.
Mit Blick auf eure Nachrichten, wart ihr euch sehr einig:
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Wer braucht in diesen Tagen Gottes Barmherzigkeit oder Zuwendung:
- die Kranken (ganz besonders bei schweren COVID-Fällen) und ihre Familien
- die Alten
- die Migranten
- „eigentlich brauchen heutzutage sehr viele Gottes Barmherzigkeit.“
Überlege, wem DU in dieser Woche Barmherzigkeit oder Zuwendung entgegenbringen kannst! Wenn du magst: erzähle uns davon!
- ein Angehöriger, der krank (und / oder allein) ist
- verschiedene Menschen, die ich kenne (und zurzeit „nur“ anrufen kann)
- mein Haustier
- „Hier im Heim lernte ich eine Dame kennen, die mir erzählte, sie sei vor 90 Jahren nach Chile gekommen – da kam ich mir mit meinen 70 Jahren in Chile geradezu frisch eingereist vor!! Ja, wie alt sie denn sei: 105!! Und sie sei so allein, außerdem spricht sie fließend Deutsch und ob wir nicht Deutsch miteinander reden könnten!? Den Gefallen will ich ihr gern tun! So ist es weniger Barmherzigkeit als sich einfach etwas um sie kümmern!“
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Der kommende Sonntag heißt „Jubilate“ – Jubelt! Es ist der Sonntag der Neuschöpfung: Freude über Gottes Schöpfung, Jubel über die Auferstehung, Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Wir fragen dich daher diese Woche: „Was lässt dich jubeln? Heute, diese Woche, trotz oder gerade unter diesen Umständen“ – Teile uns mit, was dich jubeln lässt in Wort oder Bild…
=> Antwort bitte bis spätestens Montag (26.4.) um 18 Uhr!
2b) Aus unserer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Chile (IELCH)
In den letzten Jahren hörte man immer wieder von Konflikten in der Gemeinde La Trinidad in Ñuñoa – so kam es auch, dass einige der dortigen Mitglieder zu uns in den Gottesdienst kamen oder die Gemeinde wechselten.
Die Kirchenleitung (consejo sinodal) der IELCH hat nun in der letzten Woche dem dortigen Pastor Marcelo Huenulef die Anerkennung entzogen. Das heißt: er ist kein Pastor der IELCH mehr, darf nicht mehr predigen, taufen oder das Abendmahl austeilen. Begründet wurde dieser drastische Schritt mit den sich über die Jahre wiederholenden innergemeindlichen Konflikten, in denen der Pastor unangemessen agiert habe, so dass sich zahlreiche Mitglieder verletzt fühlten und der Gemeinde oder der Kirche allgemein den Rücken kehrten, das betraf auch und vor allem hoch engagierte Ehrenamtliche aus dem Vorstand.
Zuletzt war eine Mediation an der Weigerung des Pastors zum Gespräch gescheitert. Eine ausführliche Begründung der Entscheidung der Kirchenleitung wurde letzte Woche in einer Versammlung Leitungspersonen aller Gemeinden – LaiInnen wie PastorInnen – mitgeteilt, welche diese zwar als schwierig und bedauerlich, aber letztlich überfällig und notwendig bewerteten. Am Sonntag fand nun eine Vollversammlung der Gemeinde La Trinidad statt, in der es augenfällig wurde, wie stark die Verletzungen und Vorurteile nach wie vor sind.
So bitten wir euch, für diese Gemeinde, ihre Mitglieder und auch für den ehemaligen Pastor zu beten!
3. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch
Das Gebet:
Lasset uns in Frieden Gott anrufen: um seinen Frieden,
dass wir Frieden finden für unser Leben
und Frieden schaffen unter den Menschen.
Um seine Barmherzigkeit,
dass auch wir miteinander Erbarmen haben.
Um sein Leben,
dass wir den Sinn unseres Lebens entdecken
und einander zu einem glücklichen Leben helfen.
Lasset uns zu Gott rufen:
Herr, erbarme dich. Kyrie eleison.
Für alle, die Trauer tragen:
um die Opfer von Gewalt,
um den Verlust von Heimat,
um den Abschied von einem nahen Menschen,
dass sie weiterleben können
ohne Verzweiflung und ohne Resignation.
Lasset uns zu Gott rufen:
Herr, erbarme dich. Kyrie eleison.
Für alle, die heute leiden müssen,
die Kranken und die in Rekuperation,
die Hungernden und die Unterdrückten,
die, die gefoltert werden,
und die, die foltern,
dass ihr Elend ein Ende hat,
dass sie gesund werden und satt,
ungefährdet und frei.
Lasset uns zu Gott rufen:
Herr, erbarme dich. Kyrie eleison.
Ewiger, heiliger Gott,
du bist die Allmacht, du bist barmherzig.
Wenn wir schwach sind, behütest du uns.
Wenn wir stark zu sein scheinen, führst du uns.
In deinen Händen liegt unser Leben.
Stärke in dieser Stunde unser Vertrauen zu dir.
Tröste uns mit der Kraft deines Wortes.
Ermutige uns mit dem Licht deines Geistes.
Begleite unsere Weg mit deinem Segen.
Amen.
(leicht abgeändert aus Manfred Josuttis: Erleuchte uns mit deinem Licht)
Der Vers:
Wir sind also von einer großen Menge von Zeugen wie von einer Wolke umgeben. Darum lasst uns alle Last abwerfen, besonders die der Sünde, in die wir uns so leicht verstricken. Dann können wir mit Ausdauer in den Kampf ziehen, der vor uns liegt. Dabei wollen wir den Blick auf Jesus richten, den Anfänger und Vollender des Glaubens.
(Hebräer 12,1+2 – die letzten Worte stehen als eine Art Motto über der Gründungserklärung unserer Versöhnungsgemeinde!)
Der Spruch:
Ich habe den Auftrag zu erfüllen, den Jesus, der Herr, mir gegeben hat: Zeuge zu sein für die Gute Nachricht, dass Gott uns seine Gnade schenkt!
(Paulus – Apg 20,24)