Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde:
seit der Erfindung unserer wöchentlichen „Hauspost“ gab es mehr als 50 Ausgaben – lustige, nachdenkliche, verrückte, ernste; zum Mitmachen, zum Weiterklicken, zum Zweimallesen, hoffentlich zu eurer Freude und Anregung. Immer mal gab es zwischendrin auch mal eine Pause – so werden wir es auch jetzt im Juli halten. Mal schauen, wie es mit Pandemie und „Hauspost“ im August weitergeht…
Für heute danken wir nochmals für alle Anregungen und Rückmeldungen, fürs Mitmachen bei den Aktionen und natürlich für die Übersetzungen, denn es ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit, dass eine kleine Gemeinde wie die unsere jede Woche eine zweisprachige „Hauspost“ herausbringen kann.
Viel Spaß beim Lesen und eine gesegnete Zeit!
- Unbedingt noch…
- Abschiede
- Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch
1. Unbedingt noch..
Es war ein kalter Januarabend. Draußen fegte der Schnee an der Scheibe entlang, es hatte -15 Grad. Meine Frau und ich saßen auf dem Sofa am Kamin. Es hätte ein herrlicher Abend werden können, wäre da nicht eine Idee gewesen, eine Pflicht, ein nagender und bohrender Gedanke: Wir wollten unbedingt vor der Abreise nach Chile noch unsere Steuererklärung machen.
Wir gaben uns also einen Ruck und setzten uns daran. Das ELSTER Programm der Finanzämter (wer auch immer sich diesen zynischen Namen ausgedacht hat!) lädt uns ein, unsere Daten vom letzten Jahr zu übernehmen. Wir nehmen dankend an und ich genieße schon den Gedanken, dass dies eine kurze Angelegenheit wird und plane danach zur Belohnung noch eine Flasche Wein aus dem Keller zu holen.
[row]
[span4]
[/span4]
[span4]
Wir sind Steuererklärungsanfänger. Viele der Begriffe schlagen wir nach, lesen Interpretationen und Erklärungen. Für alle hier, die noch nie eine Steuererklärung in Deutschland machen mussten: herzlichen Glückwunsch! Selbst mit unseren überschaubaren Einkunftsquellen stoßen wir an diesem Abend immer wieder an Grenzen. Von wegen Daten übernehmen. Alles ist plötzlich anders als im letzten Jahr: neues Gehalt für mich, Elterngeld (anteilig), Mutterschutzgeld, Kinderfreibeträge, Umzüge, Arbeitszimmer ausmessen und berechnen. Was vermögenswirksame Leistungen sind, habe ich bis heute nicht verstanden. Brauche ich aber auch nicht, denke ich.
[/span4]
[/row]
Nach zwei frustrierenden Stunden haben wir abgebrochen. Ich habe den Wein trotzdem aufgemacht.
Die Steuererklärung spukt mir seitdem im Hinterkopf herum. Bis Ende Juni muss sie fertig sein. Jetzt wird es langsam knapp.
Nicht, dass wir keine Zeit dafür gehabt hätten. Es war ja nun lange genug Phase eins. Abende (denn Steuer geht nur, wenn die Kinder schlafen) ohne andere Verpflichtungen gab es genug. Wir haben uns erfolgreich davor gedrückt und jetzt ist der Druck groß.
„Sorge nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das seine sorgen.” (Mt 6,34)
Dieser Satz steht in der Bibel – Jesus sagt ihn. Er heißt so viel wie: Kümmere dich um das, was heute ansteht, schließlich ist Morgen auch noch ein Tag und der hat seine eigenen Herausforderungen.
Aber – so sehr mir der Spruch gefällt – irgendwie ist er auch typisch für die Bibel:
Jesus hat ja gut reden – wenn ich darüber nachdenke, was ich heute eigentlich noch alles schaffen wollte (da ist ja noch mehr als die Steuererklärung), kann ich nicht so einfach abschalten und mich nicht um morgen sorgen.
Aus meiner Kindheit habe ich da noch einen anderen Satz in Erinnerung:
„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen…”
Als ich Kind war, haben das meine Eltern gesagt, wenn es drum ging, ungeliebte Schulaufgaben zu machen oder den Müll wegzubringen. Allerdings – der Spruch hat schon früher bei mir nicht immer gewirkt. Und auch heute schiebe ich gerne mal unangenehme Dinge vor mir her, finde schnell Ausreden.
[row]
[span4]
Als Kind hatte man es da noch einfacher. Damals haben andere entschieden und gesagt, was man zu tun hatte. Aber das ändert sich mit den Jahren. Wer erwachsen ist, muss tagtäglich selbst entscheiden: Was ist heute wichtig und muss sofort erledigt werden? Was kann warten? An einem Tag kommt dabei ganz schön was zusammen. Das kann einem schon mal über den Kopf wachsen und Sorgen machen.
[/span4]
[span4]
[/span4]
[/row]
Abschalten ist dann nicht so einfach. Da fällt einem im unmöglichsten Moment siedend heiß ein, was man eigentlich noch alles zu tun hat. Und das ist nicht schön.
Andererseits kenne ich auch die Menschen, die dauernd versuchen, heute wirklich alles zu schaffen, damit oft über ihre Kräfte hinaus arbeiten und am Ende ausgebrannt sind. Äußerlich bewundert für die perfekte Arbeitsmoral, nach innen oft auch unzufrieden.
Ich glaube, es gibt hier keine Lösung, die immer und zu jedem Menschen passt.
Auch wenn wir den Rat dieses Verses befolgen, auch wenn wir heute nicht schon voller Sorgen auf die nächsten Tage schauen wollen: entscheiden müssen wir immer noch selbst, was heute zu tun ist und was nicht.
Und eines wusste Jesus ganz genau, nämlich: Es gibt Wichtigeres als unsere Arbeit und Aufgaben.
„Sorge nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das seine sorgen”, heißt auch so viel wie: Mensch, mach dich nicht verrückt, denn du bist immer noch wichtiger als all das, was du tun sollst.
Du bist das Wichtigste – jedenfalls aus Gottes Sicht.
Das will ich im Kopf behalten, wenn ich mich in den nächsten Tagen – ganz bestimmt – an die Steuer setze.
2. Abschiede
Eigentlich sind wir sie ja gewöhnt als Gemeinde: die Abschiede – und dennoch fällt es immer wieder schwer. Diesen Winter müssen wir gleich drei Familien auf die andere Seite der Welt verabschieden. Wie gut daher, dass wir aus Corona wenigstens eines gelernt haben: es ist leichter als man denkt, vernetzt zu bleiben und selbst gemeinsam Gottesdienst zu feiern und Vieles zu teilen.
Wir verbschieden uns von Familie Correa Graumann nach Hamburg. Antonio und Kirsten lernten die Gemeinde mit der Teilnahme von Claudia und Daniel am Vorkonfikurs näher kennen und gehörten seit dem dazu. Die Zwillinge hatten dann großen Spaß an den Krippenspielwerkstätten, Familiengottesdiensten und natürlich El Tabito.
[row]
[span4]
Da es in den letzten 18 Monaten kaum Gemeinde-Aktivitäten gab, sind die Bilder etwas älter… Familie Steinfels bei der Doppelkonfirmation, Claudia und Daniel (von rechts) beim Krippenspiel…
[/span4]
[span4]
[/span4]
[/row]
Das war auch sicherlich eines der Highlights von Ioana, die sowohl als Teilnehmerin als auch als Teamerin mit in El Tabito war. Ioana und Freddy wurden hier mitten in den ersten Tagen des estallido social konfirmiert – diese Konfirmation wird uns sicher allen unvergessen bleiben. Schön, dass auch die beiden zum Abschied nochmal betont haben, wie gut die Konfizeit für sie war! Ioana wird nun in Deutschland ihr Studium aufnehmen und Freddy geht mit seinen Eltern Mihaela und Roland Steinfels nach Barcelona.
[row]
[span4]
[/span4]
[span4]
[/span4]
[/row]
Familie Wedel (auf den Fotos fehlt das älteste Kind: Jan) war nur kurze Zeit hier bei uns – aber was für verrückte zwei Jahre!! Mattheo wurde mitten im estallido social geboren und kein halbes Jahr später ging Corona los… Angelica konnte gerade noch einmal Kindergottesdient mitmachen, wo wir sie als Mitarbeiterin gewinnen konnten – und dann musste alles auf online umgestellt werden. Immerhin konnten wir noch ein paar Gottesdienste im Garten gemeinsam genießen, bevor es für die fünf zurück nach Adelsdorf bei Erlangen geht.
Euch allen, ihr Lieben, wünschen wir alles Gute für den Neustart und: bis wir uns wiedersehen, halte Gott euch fest in seiner Hand! Bleibt behütet!
3. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch
Gebet:
Gott, du weißt, was gut für uns ist.
Du sorgst für uns und stellst den Menschen in den Mittelpunkt.
Dafür danken wir dir.
Es ist heilsam und beruhigend zu wissen, dass es mehr gibt als unsere täglichen Sorgen, die uns manchmal über den Kopf wachsen.
Gott, du gibst uns Halt, aber auch Freiheit und Verantwortung.
Wir dürfen und müssen in unserem Leben Entscheidungen treffen, unsere Zeit und Aufmerksamkeit einteilen.
Dass ist manchmal schwer und kann frustrierend sein.
Dennoch: danke, du uns dieses Leben ermöglichst.
Danke, dass du kein Gott der totalitär bestimmten kalten Gesetze und Forderungen bist.
Gott, bitte hilf Menschen, deren Leben durch äußere Zwänge oder eigene Entscheidungen aus der Balance gekommen ist.
Wenn wir kein rettendes Ufer mehr sehen und drohen im Alltag unterzugehen.
Hilf uns dein Licht zu sehen, deinen sicheren Hafen.
Hilf uns zu sehen, dass es mehr gibt als wir meinen.
Amen.
Der Vers:
Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie?
(Matthäus 6,26)
Der Spruch:
„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
(Reinhold Niebuhr)