Post nach Hause am 09. Dezember 2020

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde,

„Advent“ bedeutet Ankunft. Und damit ist nicht nur die Ankunft des Jesuskindes im Stall gemeint, sondern auch das Wiederkommen des Auferstandenen, die Vollendung der biblischen Verheißungen, der Anbruch des Reiches Gottes. Wenn Christ/-innen im Advent warten und hoffen, können sie auf beides hoffen und warten: auf die Geburt in Bethlehem und auf das himmlische Jerusalem.

Die Sehnsucht nach Krippe und nach Erlösung kann man vielleicht am schlüssigsten in extremen Zeiten zusammen bringen. So wie Jochen Klepper im Lied „Die Nacht ist vorgedrungen“. Ihr könnt es in eurem Gesangbuch oder im Internet finden, wir stellen auch einen LINK zum Hören einer Aufnahme auf YouTube mit ein.

Unter 2. dann die Einladung, eure Advents-Gedanken und -Wünsche mit uns allen zu teilen. Und unter 3. wichtige Informationen aus eurer Versöhnungsgemeinde. Viel Spaß beim Lesen!

  1. Angedacht: Die Nacht ist vorgedrungen
  2. Was bewegt euch in diesem Advent?
  3. Informationen aus La Reconciliación
  4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch

 

1. Angedacht: Die Nacht ist vorgedrungen

Man kann nur erahnen, was die Familie von Jochen Klepper in den Jahren des deutschen Nationalsozialismus durchgemacht haben muss. Wirtschaftliche Not. Angst um die Zukunft. Schließlich existentielle Bedrohung des eigenen Lebens.

Er hatte eine Jüdin geheiratet – das wollte weder seine konservative Familie noch der Staat akzeptieren. Schon vor der Machtergreifung Hitlers wurden sie angefeindet, Klepper schreibt über „Nacht und Weinen“, „Angst und Pein“ (Evangelisches Gesangbuch, Nummer 16, Strophe 1) nicht in der Theorie, sondern aus seinem eigenen Alltag heraus.

Wie oft werden sie nachts wach gelegen haben, nicht wissend, wie es weitergehen kann – für sie selbst, für ihre Kinder! Wie oft werden sie selbst am helllichten Tage nur Finsternis gesehen haben. Wie oft wird ihnen das Herz schwer und die Verzweiflung groß geworden sein.

Dann erreicht sie der Deportationsbescheid, die Fahrkarte zum organisierten Massenmord. Doch dem kommt die Familie zuvor. Heute fast auf den Tag genau vor 78 Jahren, in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember 1942, nehmen sie sich das Leben.

Eisige Nacht, finstere Nacht, Todesnacht.

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Fünf Jahre vorher, am Abend vor dem 4. Advent 1937 schrieb Jochen Klepper unser Lied. Da hatten die Nazis das Land schon in ihre Gewalt gebracht. Da war das Leben schon alles andere als normal. Da hatte sich die Nacht schon weit ausgebreitet.

Und trotzdem sieht Klepper den Morgenstern leuchten. Er baut darauf, er hofft, er glaubt daran, dass alle, die zur Nacht weinten, am Ende froh miteinstimmen können. Dass es Rettung gibt und Licht. Der Grund dafür ist die Weihnachtsbotschaft, zusammengefasst in den Strophen 2 und 3.

Ein “Stolperstein” (mehr Infos hier) in Erinnerung an Jochen Klepper an der Teutonenstraße 23 in Berlin-Nikolassee.

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Im letzten Jahr gab es wohl besonders viele „Nacht-Momente“. Angefangen bei anstrengenden Umstellungen und geplatzten Träumen. Aber auch große Angst und bedrückende Zukunftsaussichten. Manche haben gespürt, wie sie schneller reizbar sind, andere haben Verspannungen oder Krankheiten vom Druck bekommen.

Und dann war da noch DIE Krankheit. Der anstrengende Dienst in den Krankenhäusern, die große Herausforderung in allen Bereichen, das Leben neu zu organisieren. Und ganz konkret viel Leid und weltweit hunderttausende Tote.

Vielleicht denkt ihr im Augenblick auch an etwas ganz anderes, das euch gerade belastet (hat). Einen Streit oder Konflikt, Schuld oder wirtschaftliche Sorgen…

Kann auch in solch einer „Nacht“, nach solch einem Jahr das Lied von Jochen Klepper Licht bringen, die Weihnachtsgeschichte trösten, das Kind in der Krippe Heil bringen?

Das kann ich nicht für euch beantworten. Aber ich möchte euch einladen, es auszuprobieren. „Macht euch zum Stalle auf!“ ruft Jochen Klepper uns in Strophe 3 zu. Ruft er allen zu, die in der Nacht sind, vielleicht auch sich selbst. Das wäre doch was – gerade am Ende dieses besonderen Jahres!

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Unser Großvater im Glauben lebt und stirbt auf diese Hoffnung hin. Er hat viel erlebt. Er musste viel durchmachen. Er weiß, was tiefe Nacht ist. Aber er sieht diese Nacht, er sieht sein Unglück und seine Schuld von Gottes Licht beschienen. Mit der Geburt im Stall von Bethlehem ist für ihn der Höhepunkt der Nacht gebrochen. Und so schreibt er plötzlich „Die Nacht ist schon im Schwinden“.

Trotz Kälte und Finsternis scheint Hoffnung auf. Jetzt steht nicht mehr das Bedrohliche im Vordergrund, sondern die Nacht wird von ihrem Ende her gedacht. Nicht die Schrecken sind wichtig, sondern ihr Ende. „Die Nacht ist vorgedrungen“ – diese Hoffnung können wir uns von unserem Großvater im Glauben ausborgen und selbst in den Mund nehmen.

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Jochen Klepper und seine Frau Johanna. Sie und die Töchter aus erster Ehe sind jüdisch und von daher nach Nazi-Ideologie der direkten Verfolgung ausgesetzt.

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Was geschehen ist oder uns belastet ist dadurch nicht ungeschehen. Aber vielleicht weniger furchtbar, aushaltbar. Die Ankunft Jesu – das ist mehr als das Kind im Stall. Das ist Befreiung und Hoffnung. Das ist Erlösung und Heil. Die Nacht ist angesichts dessen fast schon zu Ende. Der wahre Advent, das Ende von Leid und Tod, das Abwischen aller Tränen, die Wiederkehr Christi – das steht noch aus. Aber es hat an Weihnachten begonnen. „Der Tag ist nicht mehr fern!“

 

2. Was bewegt euch in diesem Advent?

In Deutschland gibt es einen Kalender für die Adventszeit der heißt „Der andere Advent“. Dieser Titel hat wohl noch nie so gut wie in diesem Jahr gepasst. Der Kalender will eigentlich dazu einladen, den Advent bewusst zu begehen, ihn eben „anders“ als gewöhnlich zu gestalten, sich zum Beispiel Momente der Ruhe in all der Dezember-Hektik zu nehmen.

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Dies Jahr wird einiges im Advent anders sein. Und das nicht nur freiwillig.. Aber vielleicht machen wir damit auch ganz neue Entdeckungen, finden neue Rituale oder erfreuen uns an den alten Liedern – denn zumindest zuhause ist singen ja erlaubt .

Über dieses so andere Jahr hinweg haben wir uns als Gemeinde immer wieder verbunden, indem wir uns gegenseitig mitgeteilt haben, wie es uns geht und was uns bewegt, was uns erfreut und uns Hoffnung gibt. Das wollen wir auch gerne jetzt in dieser besonderen Adventszeit tun – und zwar in unserer nächsten Ausgabe der Hauspost.

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Dazu laden wir dich ein, mitzumachen und nachzudenken:

  • Teile uns mit, was für dich anders ist in dieser Adventszeit
  • Mach ein Foto von dem, was dir Hoffnung gibt
  • Schreibe auf, was dir fehlt / was du dir wünschst
  • Sing uns das Lied, das dir nicht mehr aus dem Ohr geht

Jede Form ist möglich, teile mit uns, was dich bewegt, was dir durch Herz und Sinn geht. Damit wir auch diesen Advent als Gemeinde gemeinsam begehen und uns begleiten können auf dem Weg zur Krippe.

 

3. Informationen aus La Reconciliación

Vermischtes:

  • Bitte denkt daran, das Geschenk für euren „amigo secreto“ (AngestellteR im Colegio Belén) bis spätestens zum 3. Advent im Pfarrhaus abzugeben, damit es dann auch noch vor Weihnachten übergeben werden kann.
  • Herzlichen Dank an alle, die in den letzten Wochen noch ihren Mitgliedbeitrag für 2020 gezahlt haben! Als Versöhnungsgemeinde bekommen wir keine anderen Zuwendungen und sind auf eure Hilfe angewiesen.
  • Bitte nicht vergessen, dass wir die Bank gewechselt haben und ab sofort diese Kontodaten benutzen:

Igesia Evang Luterana Cong La Reconciliacion
Banco: Bice
RUT:     65.206.250-4
Cuenta Corriente:    12-01265-9
Email: lc.noicailicnoceral@oreroset

 

Nächste Gottesdienste

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13. Dezember: „Gottesdienst für Zuhause“ (in beiden Sprachen). KEIN Präsenzgottesdienst am 3. Advent, aber in der gewohnten Form zur „Feier zu Hause“.

Wie es dann weitergeht, werden wir nach Situation, bzw. gemäß der staatlichen Bestimmungen (Plan paso a paso und Plan für Weihnachten) entscheiden und euch entsprechend informieren.

Am 24. Dezember (Heilig-Abend): wird der große Familien-Gottesdienst in jedem Fall NICHT wie gewohnt in der Kirche stattfinden, sondern auf YouTube ausgestrahlt (bilingüe, inklusive Krippenspiel). Ob es außerdem einen Predigtgottesdienst (präsenziell oder per Zoom) geben wird, kann aufgrund der unklaren Lage noch nicht entschieden werden.

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4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch

Das Gebet:

Komm, oh Gott, komm nicht zu spät und gib der Welt deinen Frieden.
Mit deinem Licht können wir gehen: die Nacht verändert sich und wird hell.

Die Traurigkeit der Völker
Verwandelt sich in Freude.
Der Groll der Nationen
Verwandelt sich in Liebe.

Durch die Gesänge der Propheten
Wurde die Hoffnung gesät.
Gott trocknet alle Tränen,
Tod und Geschrei wird nicht mehr sein.

Komm, oh Gott, komm nicht zu spät und gib der Welt deinen Frieden.
Mit deinem Licht können wir gehen: die Nacht verändert sich und wird hell.
Amen. [Aramäisch, bedeutet: das glaube ich / so sei es!]

(Spanisches Gesangbuch LLC 280,4+2 und Offenbarung 21,4)

 

Der Vers:

Die Nacht geht zu Ende, der Tag bricht schon an. Lasst uns alles ablegen, was die Dunkelheit mit sich bringt. Lasst uns stattdessen die Waffen anlegen, die das Licht uns verleiht.
(Römer 13,12)

 

Der Spruch:

Die Nacht ist schon im Schwinden, macht euch zum Stalle auf!
(EG 16,3)

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