Post nach Hause am 09. September 2020

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde,

Tiki tiki ti! Der Frühling ist da, immer mehr chilenische Fahnen sind zu sehen und allerorts werden Empanadas gekauft – der dieciocho kann nicht mehr weit sein.

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Am 18. September 1810 übernahm die erste vom spanischen König unabhängige Regierungsjunta die Gewalt in Chile, weswegen heute der „Día de la Independencia“ gefeiert wird. Dabei kann man nicht sagen, dass an diesem Tag die Unabhängigkeit erreicht worden wäre: Manche kritisierten vielmehr die Festlegung des 18. September als Feiertag und meinten, man müsse vielmehr den 12. Februar feiern, an dem bereits die Unabhängigkeitserklärung veröffentlicht worden war oder den 5. April (Tag der Schlacht von Maipú im Unabhängigkeitskrieg von 1818).

Auch die Fiestas Patrias werden 2020 anders als sonst verlaufen – ihr bekommt im Folgenden eine Andacht zum Fest und Informationen über eine besondere Feier, die in diesem Jahr ebenfalls am 18.9. beginnt. Nächste Woche nimmt sich dann auch die Hauspost eine Ausgabe „frei“ und wir empfehlen euch stattdessen den YouTube-18-Gottesdienst, der ab Sonntag (13.9.) auf unserer website zu sehen sein wird.

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Uns bleibt an dieser Stelle einmal mehr den treuen Übersetzerinnen zu danken und auf den gewohnten Schluss aus Gebet, Vers und Zitat hinzuweisen.

  1. Angedacht: Eingeladen zum Fest
  2. Noch ein Fest am 18.9.: Rosh HaShana
  3. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch

 

 

1. Angedacht: Eingeladen zum Fest

Wechseln wir Ort und Platz: es ist der 18. September in Santiago, in einem ganz normalen Jahr. Schließ die Augen und stell dir vor, du wärst im Park Padre Hurtado: Alles ist in Bewegung. Auf dem großen Festplatz läuft gerade eine Präsentation mit Pferden der chilenischen Streitkräfte. Woanders findet ein Rodeo statt. Im Zelt wird Cueca getanzt. Auf dem kleinen Bauernhof füttern Kinder die Tiere. Und überall kann man etwas Leckeres trinken und essen.

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Der Park ist voll mit Menschen: Kinder und Jugendliche, Erwachsene und RentnerInnen. Viele in traditioneller chilenischer Kleidung. Mit einem Luftballon in der Hand. Oder einem guten Bier. Überall Musik. Man versteht kaum sein eigenes Wort. Doch plötzlich hört man eine laute Stimme: „Kommt her, alle die ihr Durst habt – ich schenke euch einen frischen Mote con huesillo!“ Und von der anderen Seite: „Kommt hier her! Ich schenke euch einen Becher Wein oder Terremoto!“ „Und hier kommt alle her, die ihr kein Geld habt, um ein gutes Asado zu bekommen!“ „Kommt her zum Trinken und Essen und nehmt noch mit nach Hause!“

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Was wäre das für ein Fest? Es ist beschrieben in Jesaja 55: „Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch! Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben. Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.“

Welch Einladung! Welch Verheißung! Unglaublich!

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Es sind nicht nur einige Privilegierte eingeladen. Nicht nur die, die den Eintritt zum Park zahlen können. Nicht nur die, die sich bei solchen Gelegenheiten gern sehen lassen. Nein. Alle, die Durst haben. Niemand bleibt zurück. Gottes Einladung ist anders. Gottes Einladung bringt uns näher, führt uns zu erfülltem Leben. „Kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.“ Und diese Verheißung ist gratis und für alle. Gott schenkt sie allen. Gott ruft eineN jedeN von uns. So kennen wir Gott.

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Vielleicht versteht man das zu Fest-Zeiten besser als sonst. Ein Fest ist das Gegenteil des Normalen. Die Kinder essen mehr Süßes als sie sonst je dürften. Die Erwachsenen trinken mehr als gewöhnlich. Heute ist nicht so wichtig: was es kostet, ob es gesund ist oder ob wir das normalerweise machen. Heute wird gefeiert! Die Erwachsenen sind zufrieden und entspannt. Die Jugendlichen machen Party. Niemand will oder muss früh zu Bett gehen. Heute ist ein Fest. Wir genießen die außergewöhnliche Zeit. Im Vergleich zum Alltag sind die Feste wie eine Anti-Struktur. Viel mehr und viel besser als normal. Im besten Sinne wie in einem kleinen Paradies. Ohne die gewöhnlichen Regeln und Beschränkungen.

So erscheint Gott. In traurigen Zeiten sät sie Hoffnung. Die Sklaven führt er aus der Gefangenschaft. Im Reichen, der ein Herz aus Stein hat, sieht sie die Möglichkeit, sich zu ändern. In der schlechten Person sieht er das Gute. Gott liebt dich – unabhängig davon, wie du dich selbst siehst. Gott ist außergewöhnlich. Ihr Fest findet auf der ganzen Welt statt – auch in Quarantäne-Zeiten. Geöffnet nicht nur an Feiertagen, sondern jeden Tag und jede Nacht.

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Der Eintritt hat keine Beschränkungen und führt durch dein eigenes Herz. Gottes Angebot hat größten Wert, aber kostet nichts. Willkommen auf seinem Fest!

Hier noch ein paar Fotos von den dieciocho-Feierlichkeiten in unserem Colegio (2018):

 

 

2. Noch ein Fest am 18.9.: Rosh HaShana

Da der jüdische Kalender streng an den Mond-Monaten orientiert ist, finden seine Feste in unserem Kalender jedes Jahr an einem anderen Tag statt. Dieses Jahr fällt der Neujahrstag – Rosh HaShana – just auf den 18.9., den chilenischen Nationalfeiertag.

In der jüdischen Tradition wird Neujahr als Jahrestag der Erschaffung der Welt am 1. Tag des ersten Monats tischri begangen. Wie bei fast allen Festen folgt dem besonders gestalteten Abendgebet in der Synagoge eine familiäre Feier zu Hause. Dabei gibt es süße Kuchen und süßen Wein, werden Apfelstücke in Honig getaucht und sich einander gereicht – mit einem Wunsch, den man sich immer wieder zuspricht: „Shana tova u metuka“ (Ein gutes und süßes neues Jahr!).

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Ob der Verzehr von Möhren wirklich mit der jiddischen Aussprache, die an „mehren“ erinnert zusammenhängt, sei mal dahin gestellt, aber man wünscht sich natürlich, dass sich Vermögen, Familie und gute Taten im neuen Jahr mehren sollen. Die berühmten “gefillte Fisch“ gehen auf die Überzeugung zurück, dass man sich am „Kopf“ (rosh) des Jahres befindet und früher dazu symbolisch Fischköpfe gegessen wurden – mit den Worten „Möge es Gottes Wille sein, dass wir zum Kopf und nicht zum Schwanz werden“. Religiös steht an Rosh HaShana der Beginn der Jamim Joraim im Mittelpunkt, das sind die „Zehn ehrfurchtsvollen Tage“ bis zu Yom Cipur, dem großen Versöhnungstag.

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Laut dem Neujahrstraktat im Talmud werden in dieser Zeit im Himmel drei Bücher geöffnet, um die Bilanz des letzten Jahres einzutragen: Im ersten werden die „Gerechten“ eingetragen, im zweiten die „Bösen“ und das dritte Buch ist für die „Mittelmäßigen“ bestimmt, die sowohl Sünden wie Verdienste vorweisen können. Das endgültige Urteil bleibt in der Zeit von Rosh HaShana bis Yom Cipur jedoch offen. Deswegen wird zu Einkehr und Umkehr aufgerufen und man wünscht sich in dieser Zeit „cmar chatima tova“ (einen guten Ausgang der Einschreibung [ins Buch des Lebens]).

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In den Synagogen, aber auch auf Straßen und Plätzen wird zu Rosh HaShana deswegen das Widderhorn (shofar) geblasen, um die Menschen an das eigentlich Wichtige im Leben, an Versöhnung untereinander und mit Gott zu erinnern. Symbolisch werden am zweiten Neujahrstag Teiche und Seen besucht, in die man Steine oder Brotkrumen wirft – so wie das Böse abgeworfen werden soll. Und es ist jüdische Überzeugung, dass Gott nur vergibt, wenn man sich vorher untereinander versöhnt hat. So nimmt man sich in diesen zehn Tagen besonders vor, Streit und Zwist aus dem letzten Jahr auszuräumen.

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Manche unternehmen auch Pilgerfahrten zu den Gräber besonderer Rabbinen, um sich von ihrem Lebenswandel für das eigene Tun besonders inspirieren zu lassen.

Mir gefällt diese Mischung aus leckeren Traditionen und guten Wünschen mit zutiefst religiösen und zutiefst menschlichen Themen. Auch wenn wir am dieciocho eher choripan essen werden als Apfel mit Honig, werden sich wohl Viele und mehr als sonst eine gute Zukunft wünschen. Zwar beginnt in unserem Kalender kein neues Jahr, aber wir sind die Pandemie mit all ihren Aus- und Nebenwirkungen leid. Wir hoffen, dass wir Quarantäne, Krankheit und Sorgen bald abwerfen können, wie Steine oder Brotkrumen. Und wir wissen, dass angesichts der großen Herausforderungen vor denen Chile steht, wir alle – als Einzelne und als Gesellschaft – mehr denn je zu Einkehr und Umkehr, zu Versöhnung und zum Tun des Guten gerufen sind.

 

3. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch

 

Das Gebet:

Gott, eingeladen sind wir zum Fest des Glaubens.

Vieles bringt uns zum Zweifeln in diesen Zeiten, manches auch zum Verzweifeln.

Du weißt, was uns umtreibt. Unser Inneres ist dir nicht fremd. Und nicht egal.

Du bist da. Gerade in diesen Zeiten.

Und lädst uns ein zum Fest.

Zum Fest des Glaubens.

 

Gott, eingeladen sind wir zum Fest des Lebens.

Vieles gibt es zurzeit, wofür wir dankbar sind, das uns freudig und vorfreudig macht.

Du kennst auch das. Du hüpfst und tanzt mit uns.

Und lädst uns ein zum Fest.

Zum Fest des Lebens.

 

Danke, dass du uns immer wieder Lust am Leben schenkst.

Danke, dass du immer wieder unser Vertrauen in dich weckst.

Danke, dass du uns immer wieder Grund und Anlass zum Feiern gibst.

 

Halleluja. Tiki tiki ti!

 

Der Vers:

„Ein Lachen hat mir Gott bereitet.“

(1. Mose 21,6)

 

Der Spruch:

Eingeladen zum Fest des Lebens, wird die Freude in uns weit. Großes ist für uns bereit!

(Lied von Kathi Stimmer-Salzeder)

 

 

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