Post nach Hause am 19. August 2020

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde,

in der neuen Hauspostausgabe geht es dagegen um eine biblisch-familiäre Angelegenheit: die „Erzeltern“. Keine Ahnung, was euch als Erstes einfällt, wenn ihr an eure Eltern oder eure „Vorfahren“ denkt… Im Alten Testament stehen sie vor allem für die Tradition, in der man steht, für das Volk, zu dem man gehört. Aber wie in jeder Familie gibt es auch allerlei alltägliche sowie außer-alltägliche Probleme, die die Generationen miteinander verbinden…

Für den zweiten Teil haben wir verschiedene Gemeindemitglieder gefragt, wie es ihnen gerade geht und was sie aktuell beschäftigt. In den Schulen hat das 2. Semester begonnen, im Zentrum Santiagos haben nun zwei weitere Kommunen die strikte Quarantäne verlassen, …

Am Ende unser Dreiklang. Euch allen eine gute zweite Wochenhälfte!

  1. Bibel und Leben: Von „Erzvätern“ und „Erzmüttern“ im Buch Genesis
  2. Gemeinde: ¿Cómo estamos?
  3. Gemeinde: die nächsten Aktivitäten
  4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch

 

1. Bibel und Leben: Von „Erzvätern“ und „Erzmüttern“ im Buch Genesis

Gerade in Chile wird viel Wert auf den Nachnamen gelegt. Woher kommt jemand? Wohin gehört er oder sie? Mit gewissen Namen verbindet man gewisse Milieus, einen bestimmten sozi-ökonomischen Status oder sogar bestimmte Eigenschaften…

Auch in der Bibel werden Personen oft über den Verweis auf die Familie eingeführt. Da damals aber Nachnamen noch nicht üblich waren, stellt man jemanden zusammen mit dem Namen der Eltern vor. „X, der Sohn von Y.“ „A, die Tochter von B.“ Selbst Gott präsentiert sich gegenüber Mose unter Rückgriff auf die Vorfahren: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.“ (Exodus 3,6)

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Die drei Genannten galten später als „Erzväter“, als prägende Männer, die ganz wesentlich für die Entstehung des Volkes Israel waren: Abraham, der von Gott gerufen wird, aus seinem Stammland fortzuziehen. Dem Gott Segen und eine Nachkommenschaft so groß und unzählbar „wie die Sterne am Himmel verspricht“. Abraham, mit dem Gott einen Bund eingeht und der im hohen Alter noch Vater wird.

Isaak ist sozusagen der Beweis, dass Gott es mit den Kindern und Kindeskindern ernst meint. Und er wird im Rahmen des Bundes mit Gott als erster Junge beschnitten. Jakob schließlich erhält im fortgeschrittenen Mannesalter als zweiten Namen den seines Volkes („Israel“) und wird der Vater von 12 Söhnen, die „die Stämme Israels“ bilden.

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Abraham, Isaak und Jakob, die „Erzväter“ oder „Patriarchen“ wurden später auch im Christentum breit rezipiert. Paulus verweist immer wieder auf sie. Sie gelten als Zeugen des Glaubens und letztlich ja auch als Vorfahren Jesu. Die Geschichten der drei fehlen bis heute weder im Religionsunterricht, noch in den theologischen Fachbüchern. Mit ihren Irrungen und Wirrungen faszinieren die Erzählungen und bieten zum Beispiel beim Geschwisterstreit zwischen Jakob und Esau reichlich Möglichkeit, sich selbst mit den Personen zu identifizieren.

Ausgeblendet wurden bei aller Begeisterung für lange Zeit die Frauen. Sie spielten in den patriarchalen Gesellschaften der LeserInnen meist nur eine Nebenrolle und so wurden sie auch in der biblischen Geschichte in eine solche geschoben. Dabei wird, wer näher hinschaut, schnell entdecken, dass gerade sie es sind, die die Entwicklung tragen und vorantreiben: Sarah rettet nicht nur Abrahams Leben, als dieser in Ägypten festgesetzt wird, sie ist auch Mutter und Namensgeberin des lang ersehnten und hoch gerühmten Nachkommens. Als ihr im betagten Alter eine Schwangerschaft vorausgesagt wird, kann sie nicht anders als zu lachen. Dieses Lachen (Hebräisch: zochek) hört man im Namen des binnen Jahresfrist geboren Sohnes (Izchak).

Isaaks Frau Rebekka belauscht eine Generation später das Gespräch zwischen ihm und seinem erstgeborenen Sohn Esau. Sie treibt den Zwillingsbruder Jakob an, sich als Esau zu verkleiden und sich so den eigentlich für den älteren Bruder vorgesehenen Segen zu erschleichen. Ihr Mann Isaak ist zu diesem Zeitpunkt schon alt und halb blind. Wie auch sein Vater Abraham erscheint er eher als Getriebener der Entwicklung, denn als jemand, der versucht, das Geschehen zu beeinflussen. Die Frauen nehmen das Zepter in die Hand. Vielleicht gerade weil man sie in der Männer dominierten Gesellschaft nicht ganz für voll nimmt, können sie unkonventionell handeln und so überraschende Handlungen und Lösungen vorantreiben.

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„Ganz kosher“ geht es dabei oft nicht zu. Auch nicht im Liebes- und Gebärwettstreit zwischen Lea und Rahel, Jakobs beiden Frauen. Beide schicken, um die andere auszustechen auch ihre Dienerinnen ins Feld, bzw. in Jakobs Bett. Das gäbe heute prächtigen Stoff für viele Staffeln einer erfolgreichen Serie. Das hat über die Jahrhunderte die Sittenwächter die Nase rümpfen lassen. Das hat aber in der Bibel letztlich zum segensreichen Ausgang der Geschichte geführt: zur Entstehung des Volkes Israel mit seinen 12 Stämmen.

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Gott hat sein Versprechen gegenüber Abraham wahr werden lassen. Es gibt viele Nachkommen und sie werden ein besonderes Volk. Der Weg dahin war bisweilen eher ein Umweg. Auf diesem sicherten die berühmten Erzväter vielleicht die Identität, aber die „Erzmütter“ waren es, die kräftig selbst mitgemischt und so die Abläufe beeinflusst haben.

In diesem Sinne, erscheint das chilenische System einmal mehr als ziemlich schlau. Es wird ja schließlich nicht nur der Nachname des Vaters, sondern auch der der Mutter an- und weitergegeben…

 

2. Gemeinde: ¿Cómo estamos?

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Ich finde es super, dass Bayern München in der Champions League so weit gekommen ist, weil Bayern meine Lieblingsmannschaft ist. Ich freue mich immer auf die Spiele schon bevor sie kommen, mehrere Wochen oder Tage davor und ich finde es immer mega geil, es mit meiner Familie anzuschauen oder mit Freunden. Denn mittlerweile kann man ja schon bis zu 5 Personen einladen und das macht dann sehr viel Spaß. Und es ist auch sehr cool, dass die Champions League trotz Corona weiter gespielt wird, denn für mich ist es ein guter Zeitvertreib und es lockert sehr die Quarantäne auf. Ach ja, und ich finde es auch mal was anderes und sehr cool, dass es im Stadion ja keine Zuschauer gibt –

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da ist die Stimmung im Stadion zwar nicht so toll, aber trotzdem ist es mal was anderes, jedes Spiel als Geisterspiel anzuschauen und es macht auch sehr viel Spaß.
Luca Mittelstrass (2. von rechts)

 

Nach dem ersten Semester bin ich ganz stolz auf meine Schülerinnen und Schüler, die es immer wieder geschafft haben, sich zu motivieren. Sie haben mitgearbeitet und viel gelernt und ausprobiert. Wie selbstverständlich laden die Klassen nun ihre Hausaufgaben in Online-Plattformen hoch, nehmen an Videokonferenzen teil, erstellen Erklärfilme, bearbeiten gemeinsam online Dokumente, nehmen an Umfragen teil, erstellen Quizze und Rätsel, etc. Das ist stark! Ich hoffe nun, dass wir uns alle die Motivation und Stimmung weiter aufrecht erhalten können. Hoffentlich wird es Signale der Besserung und der Lockerung geben. Das würde allen sehr helfen.
Britta Heise

 

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Britta (ganz links) und Helen (ganz rechts) im März in unserem Pfarrgarten.

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Nach 5 unglaublichen Jahren ist die Zeit in Chile nun vorbei. Eigentlich wäre sie schon im Juli vorbei gewesen, aber von Corona-Hölle Chile in die Corona-Hölle Brasilien … das war dann doch etwas zu viel des Guten.
Aber wie heißt es so schön: no hay plazo que no se cumpla – und so rückt der Abschied näher. Nach der anfänglichen Hysterie „ich kann nicht weg ohne mich von xyz verabschiedet zu haben! “ kehrt nun Gelassenheit ein und die Aussicht, dass man das im Dezember (hoffentlich) nachholen kann. Was bleibt uns Anderes übrig? Und so geht die Stimmung in Resignation über, die Panik vor dem Wechsel wird überdeckt von der Vorfreude auf das Neue. Chile ist noch nicht abgeschlossen – wir verschieben den Abschied auf später!

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Danke für eine wunderschöne Zeit in der Gemeinde! Wir sehen uns beim Weihnachtsgottedienst – und verbleiben in Hoffnung, dass dieser nicht mehr digital sein muss.
Helen Bender

 

Für uns als Familie – und ich denke mal, da geht es den meisten nicht anders – war es nicht einfach. Wir haben fröhliche Tage und traurige Tage. Diese Zeit des eingesperrt Seins, der Quarantäne ist für niemanden einfach. Unsere Kinder mussten sich an ein neues Unterrichtssystem auf Distanz gewöhnen und das hat gedauert. Und es hat gedauert anzunehmen, dass sie sehr wahrscheinlich auch nicht zur Schule zurückkehren werden. Und sie bitten darum, sie wollen so gerne in die Schule, aber sie wissen, dass es sehr schwierig ist, dass dies eintritt. Manchmal ist es motivierend für sie, am online-Unterricht teilzunehmen und dann haben sie wieder gar keine Lust. Es ist ziemlich schwierig, da in eine Routine zu kommen.
Auf der anderen Seite haben Esteban und ich – Gott sei Dank – Arbeit. Wir arbeiten ebenfalls auf Distanz und online und versuchen so, unsere Projekte am Leben zu erhalten. Und auch wir müssen uns natürlich an eine ganz neue Dynamik gewöhnen, Zuhause zu arbeiten und mit allen den vorhandenen Platz zu teilen.

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Jessica (ganz links) mit ihrer Familie

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Die Quarantäne ist schwierig, obwohl wir das Glück haben, in einem Haus mit kleinem Hof und Garten zu wohnen, so fällt es uns doch zunehmend schwer, auf das ganz normale Leben zu verzichten, das wir gewohnt waren: raus zu können und Familie und Freunde zu treffen. Aber wir sind Gott sehr dankbar, dass wir Arbeit haben und gesund sind. Wir sind zum Glück bislang als Familie von einer Ansteckung verschont geblieben und haben nur andere begleitet. Wir haben aus der Nähe mitbekommen, wie einige Menschen das Leben aufgrund von COVID verloren haben: eine Nachbarin, ein Arbeitskollege von mir, der letzte Woche verstorben ist oder Freunde, die ihren Vater oder ihre Mutter verloren haben aufgrund einer Ansteckung – und unsere Aufgabe war es, sie aus der Distanz zu begleiten. [/span4]

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Und das war wirklich etwas sehr Trauriges: die Trauer und den Schmerz zu leben, ohne persönlich anwesend zu sein, sich nur über das Netz nahe sein zu können. Das war wirklich eine sehr heftige Erfahrung. Aber wir sind dankbar, dass wir als Familie so gut wie möglich helfen und beistehen konnten und wir danken Gott, dass er uns alle so gut durchgebracht hat. Ich denke, dass ist das Wichtigste, damit wir selber anderen helfen können, die Betroffen sind. Wir schicken Euch allen eine dicke Umarmung und vor allem an unsere „Alten“, die in unseren Gebeten sind und dass sie gut auf sich aufpassen mögen! Euch allen guten Mut! Un abrazo.
Jessica Figueroa

 

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Mir geht es den Umständen entsprechend relativ gut, mit der Schule ist es etwas stressig, da ich in ca. zwei Wochen Abi schreibe. Das ist aber nicht ganz so sicher, da es von der Regierung zugelassen werden muss. Auch wenn die Deutsche Schule in Buenos Aires oder Montevideo nicht schreiben dürfen, dürfen wir auch nicht. Aber das wird schon, jetzt heißt es nur noch „Zähne zusammenbeißen und durch“!
Alexa Grodeke

 

Wann kehrt die Normalität zurück?
Würde gern zurück in meinen 4 Wänden sein.
Geduld!
Hab grad Probleme mit einem Backenzahn.
Muß gezogen werden! Zum Zahnarzt gehn ist für mich wie eine Strafe.

Sammle Mut!
Staune über mein neues Telefon.
Es meldet meine Fehler an – seien sie auf spanisch oder deutsch. Ich nenne es “acusete”.
Gehe ich spazieren zählt es die Schritte, die Zeit und die Entfernung.
So sieht das Alter aus!
Bin aber Gott dankbar für mein gesundes Leben und meine um mich besorgten Söhne.
Hedi Köbrich

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Alexa (2. von rechts) und andere Jugendliche beim Sommercamp in El Tabito

Hedi (2. von rechts – vor unserer Kirche)

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3. Gemeinde: die nächsten Aktivitäten

Diese Woche gibt es gleich zwei Zoom-Gesprächsabende:

  • Bereits heute mit dem Botschafter der BRD in Chile, Christian Hellbach (am 19. August um 20 Uhr) zum Thema 30 Jahre Deutsche Einheit.
  • Für morgen hat Rabbi Shmuel Szteinhaendler den Bischof von Illapel Patricio Vega und unseren Pastor zu einem Austausch über „Die Herausforderungen der Pandemie für die Religionen“ eingeladen (am 20. August um 19.30 Uhr).

Am Sonntag laden wir zum nächsten „Gottesdienst zu Hause“ ein. Dabei wird es nochmal um die Erzeltern gehen – Herzliche Einladung! Für Anfang September sind dann zwei besondere Gottesdienste in Planung – wie in der Ausgabe von vor zwei Wochen berichtet, planen wir vorerst weiterhin „digital“:

  • Das Netzwerk „Holy Days United“ (https://holy-days-united.de) aus Deutschland hat verschiedene Auslandsgemeinden eingeladen, bei ihrem nächsten online-Gottesdienst mitzuwirken: wir sind am 5.9. dabei.
  • Unser nächster YouTube-Gottesdienst wird dem „mes de la chilenidad“ gewidmet sein. Dazu wollen wir euch nächste Woche um Mitwirkung bitten…

 

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Zuguterletzt sind alle, die Interesse an Theologie haben, herzlich zu einem Seminar über Paulus eingeladen. Er ist ohne Zweifel einer der spannendsten biblischen Autoren. Der Kurs des Dia-Logos-Institut findet online statt und startet im September. Renommierte lateinamerikanische TheologInnen werden das wöchentliche Seminar gestalten. Mehr Infos und Anmeldung über: moc.liamg@cbi.sogolaid

 

4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch:

 

Das Gebet:

Gott, wir danken dir für unsere Väter und Mütter,
für Großeltern und Geschwister,
für unsere Familien!

Wir danken dir für gemeinsames Streiten und Vertragen,
für Spiel und Spaß genauso wie für ernste Ratschläge und konstruktive Kritik.

Gerade jetzt sind wir mehr denn je auf die Familie angewiesen –
du weißt Gott, wen wir vermissen, was uns auf die Nerven geht, was uns Halt gibt.

Wir danken dir für dieses reiche Geschenk.
Begleite uns und unsere Familien auf unserem Weg.
Amen.

 

Der Vers:

Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein.
(Genesis 12,1+2)

 

Der Spruch:

„Selbst dort, wo Männer scheinbar die Handlung tragen, nehmen Frauen entscheidende Rollen ein.“
(Anke Mühling zu den „Erzelterngeschichten“ im Wissenschaftlichen Bibellexikon WiBiLEx)

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