Post nach Hause am 23. September 2020

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde,

Nach einer Woche dieciocho-Pause kommt hier die neue Hauspost.

Wir hoffen, es geht euch allen gut und schicken außer dem bewährten Dreiklang am Ende einige Gedanken zur Frage, ob es in der lutherischen Kirche eigentlich Heilige gibt, eine Einladung zum neuen Konfi-Kurs und fröhliche Worte und Bilder aus unserem Colegio Belén O´Higgins.

Viel Spaß beim Lesen und herzliche Grüße!

  1. Glaube: Gibt es in der lutherischen Kirche Heilige?
  2. Gemeinsam auf Gott-Suche – Neuer Konfikurs startet im Oktober
  3. Freude im Colegio
  4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch:

 

1. Glaube: Gibt es in der lutherischen Kirche Heilige?

Dass man im Christentum von „Heiligen“ spricht und diese verehrt, geht auf die besondere Wertschätzung der Märtyrer in den frühen Zeiten zurück. Damals wurden manche verfolgt und umgebracht, weil sie sich zu Jesus bekannten. Dieses Zeugnis (griechisch martyria) sprach sich herum, man bewunderte es und ging auch davon aus, dass die so Gestorbenen nach ihrem Tod sofort in den Himmel aufgenommen würden. Dort, so glaubte man, könnten sie bei Gott Fürsprache halten und für andere Menschen eintreten. Später wurde diese Verehrung der Märtyrer auf weitere verstorbene Vorbilder im Glauben ausgeweitet: auf Apostel und Kirchenlehrer, Bischöfe oder Jungfrauen – Menschen, die durch ihr Zeugnis des Glaubens beeindruckt hatten.

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Während anfangs die „Heiligen“ durch die Verehrung des Volkes „gewählt“ wurden, machte die katholische Kirche später ein letztlich dem Papst unterstelltes Verfahren der Heiligsprechung daraus. Auch entwickelte man eine ausgefeilte Theologie, die in das mittelalterliche Ablasswesen eingebunden wurde. Da hieß es dann, dass die Heiligen durch ihre guten Taten einen Schatz erworben haben, den die Kirche (gegen Geld) an die Gläubigen austeilen könne, damit deren schlechte Taten vergeben würden.

Martin Luther schätzte das Zeugnis der „Heiligen“. Er meinte, man könne sich selbst im Glauben stärken, wenn man ihrer gedenke. Er verurteilte aber entschieden den Ablasshandel, sowie die Anbetung der Heiligen und die katholische Lehre, in der sie als Mittler zwischen Gott und den Menschen auftreten. Diese Rolle habe allein Jesus Christus.

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Martin Luther (1483-1546)

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Im lutherischen Verständnis spricht man deswegen meist von „Vorbildern im Glauben“ und vermeidet den Begriff „Heilige“. Im Gegensatz zur katholischen Überzeugung geht man nicht davon aus, dass Heilige „ohne Sünde“ lebten und betont, dass wir uns als Glaubende direkt an Gott wenden können und keine Heiligen zur Vermittlung brauchen. Auch haben diese „Vorbilder im Glauben“ im Luthertum keine theologische Funktion (etwa zur Vergebung der Schuld), sondern können wichtig sein in persönlicher Glaubenspraxis und im gemeinsamen Erinnern.

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Dietrich Bonhoeffer (1906-1945)

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In Deutschland sprach man in den letzten Jahrzehnten zum Beispiel von Dietrich Bonhoeffer als einem „evangelischen Heiligen“. Er gehörte zu denjenigen, die sich wegen ihrer Glaubensüberzeugung dem nationalsozialistischen System von Adolf Hitler entgegengestellt hatten. Deswegen war er verhaftet und später im Konzentrationslager ermordet worden.

Die liturgische Konferenz der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) veröffentlicht so auch jedes Jahr in ihrer Übersicht der Kirchenjahreszeiten und -feste einen „Evangelischen Namenkalender“, in dem wichtige Glaubenszeugen den Tagen des Jahres zugeordnet sind (meist ihr Geburts- oder Todestag). Hier ein LINK zur Liste: https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelischer_Namenkalender

Für heute (22. September) ist in den englisch- und spanischsprachigen lutherischen Kirchen der Prophet Jona als Glaubenzeuge zum Erinnern, zum sich Stärken und Inspirieren lassen aufgeführt. Über ihn könnt ihr das gleichnamige Buch in eurer Bibel lesen. Oder einen fiktiven Auszug aus seinem Tagebuch, das auf der El-Tabito-Sommer-Freizeit 2017 entstand:

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Jona. Ein Vorbild im Glauben

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Liebes Tagebuch,

die letzten Wochen waren echt verrückt: erst hat Gott mich gerufen. Da war ich geschockt. Wusste gar nicht, was ich denken soll. Gott will, dass ich nach Ninive gehe.

Puhhh. Ninive! Ausgerechnet dahin. Ich wollte nicht. Ich bin abgehauen. „Ohne mich“ habe ich gedacht. „Soll Gott doch irgendwen nach Ninive schicken. Ich werde nicht gehen!“

Bin also schnell nach Jaffo gereist und habe auf dem erstbesten Schiff angeheuert. Auf nach Tarsus – Hauptsache weit weg von Ninive.

Doch dann kam dieser riesige Sturm. Gewaltig. Mächtig. Schlimm. Alle an Bord dachten: „Das war ́s.“ Doch ich wusste genau: “Das Schiff wird nicht untergehen. Gott will nur MICH.“

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Liebes Tagebuch,

du erinnerst dich sicher noch, dass ich dir von dem Sturm erzählt habe auf dem Schiff. Die Seeleute meinten, ich solle doch einfach meinen Gott beruhigen und irgendwie würde das bestimmt wieder was werden.
Aber mir war klar: das wird nix.
Ich war richtig verzweifelt und sagte ihnen, sie sollen mich einfach über Bord werfen. Das taten sie dann auch. Mensch, hatte ich Angst! Eisig kalt war das Wasser. Nun würde ich wohl sterben müssen.

Ich wusste gar nicht, wie mir geschah, als plötzlich ein riesengroßer Fisch mich im ganzen verschluckte. Muss ein Wal oder sowas gewesen sein. Es war stickig und dunkel in seinem Magen. Aber auch ein bisschen gemütlich.
Ich war gerettet. Aber hatte natürlich trotzdem Angst. Denn wie sollte das denn hier weitergehen? Ich flehte zu Gott: „Rette mich! Du hast mich schon im schlimmen Sturm und vor ́m Ertrinken bewahrt. Rette mich jetzt auch!“
Und dann hat mich der Fisch tatsächlich wieder ausgespuckt. Mir tut zwar alles weh, aber ich habe festen Boden unter den Füßen. Ich werde losgehen. Ob du es glaubst oder nicht – morgen früh breche ich auf nach Ninive!

 

Liebes Tagebuch,

ich hab ́s tatsächlich gemacht! Nach drei Tagesmärschen war ich da. Habe mich auf den Platz vor dem Schloss gestellt und laut gerufen: „Ihr Bürger von Ninive. Ich spreche im Auftrag Gottes. Ihr sollt euch ändern! Verzeiht, statt böse aufeinander zu sein! Entschuldigt euch! Gebt ab von eurem Essen! Seid gut zueinander! Wenn ihr das nicht tut, wird Gott euch vernichten. Die Stadt wird untergehen, weil ihr euch so daneben benehmt. Ihr habt 40 Tage Zeit.“

Ich habe gedacht, sie würden mich mit Steinen bewerfen oder mir sonst was antun. Oder zumindest mir nicht zu hören. Aber von wegen! Selbst der König kam aus seinem Palast heraus. Er zerriss seine Kleider und sagte, dass alle fasten sollen. Menschen und Tieren sollten nicht essen und nicht trinken als Zeichen dafür, dass sie Gottes Nachricht verstanden hatten und sich wirklich ändern wollten.

Ich war beeindruckt. Aber ich glaube nicht, dass sie das schaffen. Ich denke, Gott wird wahrmachen, was er versprochen hat. Jetzt sitze ich hier oben und habe einen guten Ausblick auf die Stadt. Ich bin mal sehr gespannt, wie das Ganze weitergeht.

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Liebes Tagebuch,

hier sitze ich nun und warte, was passiert. Die Tage ziehen sich wie Kaugummi. Morgen ist es soweit: Tag 40. Ninive wird untergehen.

 

Liebes Tagebuch,

du wirst es mir nicht glauben: aber es ist definitiv rein gar nichts passiert! Tag 40: nix. Tag 41: nix. Tag 42: nix. Ich flippe aus! Wie kann Gott das zulassen? Wie steh ich denn jetzt da? Wie der letzte Depp! Niemand wird mir mehr auch nur ein Wort glauben. Meinen Job kann ich an den Nagel hängen. Na danke auch, Gott!

 

2. Gemeinsam auf Gott-Suche – Neuer Konfikurs startet im Oktober

Eingeladen seid ihr, wenn ihr die siebte oder achte Klasse besucht oder schon älter und noch nicht konfirmiert seid. Ganz egal, ob ihr deutsch oder spanisch sprecht, schon getauft seid oder noch nicht – Hauptsache, ihr habt Lust, euch gemeinsam mit auf die Suche zu machen: nach Gott. Und danach, welche Bedeutung Gott / Glaube / Kirche für Euer Leben haben kann.

Flexibilität heißt das Gebot der Corona-Stunde!

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Ziel ist es, hoffentlich bald präsent miteinander arbeiten zu können – zunächst aber, kann durchaus ein hybrides Modell sinnvoll sein (Präsenz + online). Wichtig ist: Wir treffen diese Entscheidung in enger Absprache mit den beteiligten Familien!!

Los geht es mit einem ersten Konfitreffen am Freitag, den 16. Oktober (Präsenz oder online) und am Sonntag (18.10.) werden wir die neuen Konfis der Gemeinde in einem Gottesdienst per Zoom vorstellen. Die Konfirmation ist für Oktober 2021 geplant.

Mit einem “klick” kommt ihr zu mehr Fotos des letzten Kurses.

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Zu einem Informationsabend mit Anmeldung sind alle Eltern und zukünftigen KonfirmandInnen am Mittwoch, den 7. Oktober, um 20.00 Uhr per Zoom ganz herzlich eingeladen. (Der link wird einen Tag vorher an alle Interessierten verschickt.)

Wenn ihr zu diesem Termin nicht könnt, aber gerne am Konfiunterricht teilnehmen möchtet, meldet euch bitte bei Pastorin Nicole. Wir freuen uns, wenn ihr dabei seid!

 

3. Freude im Colegio

Mittwoch, 16. September, Pasaje Catemu, La Florida.

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8.20: Die freiwilligen HelferInnen aus der Gemeinde kommen nach und nach im Colegio Belén O´Higgins an. Im Hof stehen schon die 8 großen Palletten mit den 300 Lebensmittelkisten.

8.30: José, der Direktor, erklärt das Protokoll und zeigt, wie die Tische gestellt werden sollen.

8.40: Die Plastikfolie wird von den Paletten abgezogen, die Tische mit Material bestückt, die Listen der SchülerInnen werden ausgedruckt.

8.50: Alle werfen sich in Schale: Plastiküberzüge, andere Masken, Handschuhe … nur die Brille muss leider von der Nase – es ist einfach zu kalt und sie beschlägt immer wieder. Sehr nervig!

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9.00: Es geht los. Die Tür öffnet sich. José misst am Eingang Fieber und lässt immer drei Leute auf einmal rein. Sie stellen sich an  und kommen zur „Anmeldung“, an der ich als Pastorin und die Klassenlehrerin der 3. Klasse sitzen. Klasse des Kindes? Name? Geschwisterkinder? Alles abhaken und weiter geht´s zur Ausgabe: eine Kiste mit Grundnahrungsmitteln und 18-typischen Lebensmitteln, ein 18er-Set mit Drachen, Luftballons und anderen Freuden, ein Brief und ein freudiges Strahlen im Gesicht. Und zum Hinterausgang wieder aus dem Schulgelände raus.

9.50: Lehrerin der 3. Klasse zu einer Mutter: „Hallo, ich bin die Klassenlehrerin deiner Tochter. Sie sollte sich dann nach den Ferien aber auch beim online-Unterricht verbinden und dabei sein!“ Mutter: „jaaa, mal sehen..“ Lehrerin: „Nichts `mal sehen`. Ihr habt jetzt das Tablet als Hilfe ausgehliehen bekommen, wir wollen dass eure Tochter dabei ist!!“. Nicken auf der anderen Seite. Lehrerin zu mir: „Wie gut, dass ich die Mutter getroffen habe, das wollte ich ihr doch gerne ins Gesicht sagen!“

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10.25: Eine Erzieherin aus der Vorschule erklärt, dass sie hier arbeite und daher berechtigt sei für die Kiste. Ich: „Ich weiß ja, ich bin es doch, Pastorin Nicole.“ Sie erkennt mich und bricht in Tränen aus. Wir gehen nach nebenan und reden…

10.40: Eine Lehrerin kommt und sagt: „Sobald wir die Aktion im Klassenchat angekündigt hatten, kam sofort große Begeisterung und Dankbarkeit zurück. Vor allem, weil die Produkte so hochwertig sind und wirklich bitter benötigt werden. Und es ist toll, dass ihr es diesmal von der Gemeinde austeilt, denn dann sehen die Leute auch die direkte Verbindung. Ganz herzlichen Dank!“

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11.17: Eine Mutter steht da und ist einfach nur dankbar. Wir reden und ich sage ihr, dass wir auch ganz glücklich sind, dass so viele verschiedene Leute mitgeholfen haben, dass wir nun ein 2. Mal helfen konnten. „Ja“ sagt sie, „das ist eine echte Vermehrung von Segen.“

11.30: Der Direktor sagt: „noch eine halbe Stunde. Punkt 12 Uhr schließen wir das Tor, dann kommt niemand mehr rein. Wir haben gesagt, die Kisten können von 9-12 Uhr abgeholt werden. Danach ist Schluss. Die Leute müssen lernen, sich an die Zeiten zu halten. Nur so können wir unsere Schulgemeinschaft erziehen.“ Wir anderen staunen.

11.45: Es wird langsam begonnen, die noch nicht abgeholten Kisten, im Lehrerzimmer zu verstauen.

12.00: Das Tor wird geschlossen. Die „Ausrüstung“ in die Mülltonne entsorgt. Alle sind glücklich und José begeistert: mehr als ¾ der Kisten wurden abgeholt. Die anderen können ihre Kiste dann nach den Feiertagen abholen.

12.10: erfüllt machen sich alle HelferInnen wieder auf den Weg. GANZ HERZLICHEN DANK EUCH!!

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4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch

 

Das Gebet:

Gott, draußen ist Frühling:

Die Vögel singen und es blüht.

Jeden Tag wird die Sonne wärmer.

An den Hängen leuchten die verschiedensten Grüntöne.

So wundervoll ist deine Schöpfung.

Ich danke dir!

 

Gott, nach den Feiertagen sind wir zurück im Alltag.

Da sind sie wieder: die Herausforderungen von Schule und Arbeit.

Die viele Zeit am Computer und am Telefon.

Bei manchen Druck, bei anderen Anstrengung.

Gott, so groß sind manchmal die Herausforderungen.

Gib uns Kraft und Gelassenheit!

 

Gott, in Europa rollt die „zweite Welle“.

Auch in Chile sind Menschen krank oder sterben an COVID.

PolitikerInnen ringen um gute Strategien, Forschende suchen nach Impfstoffen und Behandlungsmethoden.

Wir sind gefragt, unser Leben unter diesen Umständen immer wieder neu einzurichten.

Gott, so zerbrechlich erscheint manchmal alles.

Schenk uns Weisheit und Heilung!

Amen.

 

 

Der Vers:

Und Jona sprach: „Mit Recht zürne ich bis an den Tod.“

Und der HERR sprach: “Dich jammert der Rizinus, um den du dich nicht gemüht hast und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere?”

(Jona 4, 9-11)

 

Der Spruch:

„Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.“

(Dietrich Bonhoeffer, „Evangelischer Heiliger“)

 

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