Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde,
Jetzt sind es nur noch zwei Wochen bis zum 45. Geburtstag unserer Versöhnungsgemeinde! Damit kommen wir im Geschichtsrückblick einen gewaltigen Schritt in Richtung Gegenwart (2.) und laden außerdem zu einem vorbereitenden Gesprächsabend ein (3.).
Da heute (24. Juni) Johannestag ist, nehmen wir den berühmten „Rufer in der Wüste“ in unserer neuen Hauspost in den Blick (1.) und wie immer gibt es am Ende ein Gebet, einen Vers und ein Zitat (4.).
Viel Spaß beim Lesen!
- Glaube: Der Rufer in der Wüste
- 40 Jahre Versöhnungsgemeinde: die dritten 11 Jahre (1998-2009)
- Aus der Versöhnungsgemeinde: Winterprogramm “Auf einen Kaffee mit…”
- Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch
1. Glaube: Der Rufer in der Wüste
Da steht er: der zornige Prophet mit den wehenden Haaren. Komisch ist er gekleidet –sein Mantel sieht aus wie aus Kamelhaar! Manche sagen, er würde sich von Heuschrecken und wildem Honig ernähren. Seine Stimme ist laut, der Ton scharf. Fast schreit er: »Ändert euer Leben! Denn das Himmelreich wird sichtbar in der Welt!«
Er macht es sich nicht leicht und auch denen nicht, die ihm zuhören: »Ihr Schlangen! Wie kommt ihr darauf, dass ihr dem bevorstehenden Gericht Gottes entgeht?«
Trotzdem strömen sie zu Hunderten hierher in die Wüste nur, um ihn zu hören. Um ihn zu sehen. Um seine Vision von einem besseren Leben zu hören. Manche erschrecken, wenn er sie anfährt. Andere sagen: „Der Mann hat recht. So kann es nicht weitergehen!“ Wieder andere lachen ihn vielleicht heimlich aus. Aber die lässt er nicht ungeschoren davonkommen: »Die Axt ist schon an die Baumwurzel gesetzt: Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.«
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“Johannes trug einen Umhang aus Kamelhaar und um seine Hüfte einen Ledergürtel. Seine Nahrung bestand aus Heuschrecken und Honig von Wildbienen.” Seine Botschaft ist heftig, aber vielleicht hatte seine Zeit genau das verdient.
Auch Greta wird viel kritisiert und ihre Worte finden viel Anstoß. Nicht Wenige sagen: Ihre scharfe Botschaft ist aber genau richtig, denn die Situation ist dramatisch.
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Die Botschaft des Johannes heißt: das Leben, so wie wir es führen, ist schlecht. Die Menschen müssen dringend ihr Verhalten ändern. Ansonsten wird Gottes Zorn über sie kommen. Und dieser Zorn funkelt schon in den Augen des sonderbaren Mannes, der wie ein einsamer Rufer in der Wüste schreit: »Macht den Weg bereit für den Herrn, ebnet ihm die Straße!« Er sieht, was alles schief läuft: in der Gesellschaft, im Leben der Einzelnen, auf der Welt.
So viel Eigennutz und Habgier, Lüge und Streit. So viel Betrug und Missgunst, Hass und Gewalt. Hat Gott die Welt nicht geschaffen und sie war gut?! Was haben die Menschen daraus gemacht… Wie gut könnten sie miteinander leben? Und wie führen sie sich auf? So viel Unterdrückung und Machtmissbrauch – im Großen wie im Kleinen. So wenig Solidarität und Mitgefühl. So wenig „liebe deinen Nächsten!“.
Vielleicht ist Johannes der Einzige, der klar sieht und das auch ausspricht, was ist: So kann es nicht weitergehen. Hier muss man mal ordentlich aufräumen: »Er hat die Schaufel, um Korn und Spreu zu trennen, schon in seiner Hand. Er wird sein Getreide gründlich reinigen. Seinen Weizen wird er in die Scheune bringen. Aber das Stroh wird er in einem Feuer verbrennen, das nicht ausgeht.« Das Böse muss ausgerottet werden.
Aber es scheint nicht alles verloren zu sein. Denn Johannes ruft zur Umkehr auf. Er ruft dazu auf, das eigene Leben zu ändern. Mehr Gerechtigkeit, mehr Rücksicht, mehr Achtung des Anderen zu wagen. Mehr Abgeben und weniger Raffen. Mehr das Wohl aller, als den eigenen Vorteil zu suchen. Mehr miteinander statt “ich habe Recht.” Als Zeichen für diese Umkehr lädt er ein, sich im Jordan taufen zu lassen.
Einmal untertauchen. Das alte Leben, die un-liebevollen Verhaltensweisen abspülen. Den Dreck, der mich gefangen hält, abwaschen. Auftauchen, wie neu geboren. Bereit, anders zu leben. Willens, Gottes Weg mitzugehen. Einzutreten ins “Gelobte Land” des Himmelreiches Gottes. Wie damals das Volk Israel, als sie aus der Sklaverei in Ägypten kommend ebenfalls den Jordan überquerten, um ein neues Leben zu beginnen.
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»Eine Stimme ertönt in der Wüste:
›Macht den Weg bereit für den Herrn,
ebnet ihm die Straße!‹«
Zeigt durch euer Verhalten,
dass ihr euer Leben wirklich ändern wollt!
Ȁndert euer Leben!
Denn das Himmelreich wird sichtbar in der Welt!«
(Matthäus 3,3)
Foto rechts: Das Jordantal bei Jericho. Hier soll Johannes gepredigt und getauft haben.
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2. 45 Jahre Versöhnungsgemeinde: die dritten 11 Jahre (1998-2009)
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GemeindepräsidentIn in dieser Zeit: Lucy Preisler (2001-2008), Michael Wagner (2008-2019)
Pastoren in dieser Zeit: Martin Junge (1994-2000) und Enno Haaks (2001-2009)
Zwei zentrale Menschen jener Zeit, die viele ins Herz geschlossen haben: Lucy Preisler und Enno Haaks. Die neue Kirche “Zum Guten Hirten” muss nicht nur mit Leben erfüllt, sondern auch neu gestrichen werden…
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In 1990gern gab es einen Finanz-Skandal in der damaligen Gemeinde „El Buen Pastor“ in Las Condes und darüber zerbrach diese Gemeinschaft leider vollständig. Aber unserer Versöhnungsgemeinde eröffnete sich daraus eine fantastische Möglichkeit: sie bekam das Grundstück und die Kirche auf der Alonso de Camargo, Ecke Somorrostro von der Gesamtkirche (IELCH) zum Gebrauch zur Verfügung gestellt.
Bei aller Dankbarkeit für die jahrelange Gastfreundschaft der Gemeinde La Trinidad in Ñuñoa ergaben sich jetzt völlig neue Möglichkeiten, das Gemeindeleben zu entwickeln und als Gemeinde zu wachsen – nicht nur näher am Wohnort der meisten Mitglieder, sondern auch mit viel Platz und ohne zeitliche Einschränkungen durch die Veranstaltungen der Gastgeber.
1999 fand der Umzug in die neue Kirche statt, welche wir noch heute mit Freude nutzen. „Durch „Probesitzen” und eine ganze Predigtreihe zum Thema „Kirche(ngebäude) und Gemeinde“ versuchte der Vorstand, diesen Wechsel so sanft wie möglich zu gestalten. Es gelang insofern, als der rasant zunehmende Gottesdienstbesuch, insbesondere von jungen Familien, die Trauer um die vertraute, zurückgelassene Christuskirche aufwog. Doch konnte ich besonders bei den älteren Gemeindemitgliedern stets die Wehmut nachempfinden für einen Ort, der ihnen in schwierigen Entscheidungen und Momenten der Vergangenheit, aber auch in Festen und Feiern, die das Leben doch auch immer wieder bietet, ein Zuhause geworden war.“ (der damalige Pastor Martin Junge)
Und mit dem neuen Pastor Enno Haaks wurde das alte Pfarrhaus verkauft und das Grundstück in Las Condes zum „Gemeindezentrum“ erweitert. Auch der begonnene Weg der Arbeit mit Kindern und Familien wurde konsequent weitergegangen – z.B. mit den Sommerfreizeiten in El Tabito oder den Vor-Konfirmations-Kursen für Kinder der 3. und 4. Klasse.
Im Colegio Belén kam jedes Jahr eine neue Klasse hinzu, bis schließlich eine achtjährige Schulausbildung + zwei Jahre Vorschule angeboten werden konnte. Mehr lassen die räumlichen Gegebenheiten des Grundstücks bis heute nicht zu. Aber um überhaupt so weit zu kommen, wurde immer wieder gebaut: 2007 konnte das neue Schulgebäude eingeweiht werden und bereits 2004 entstand die Kapelle „La Esperanza“ auf dem Gelände. In ihr entwickelte sich eine kleine Tochtergemeinde gleichen Namens. Und obwohl Chile einen rasanten wirtschaftlichen Aufstieg hinlegte und die Menschen in den Armenvierteln nicht mehr hungerten, war die Not vieler Familien nach wie vor groß.
„Als Pendler zwischen den Welten leben wir in unserem Gemeindealltag gerade im Blick auf unsere Belenes. Ein Teil der Identität unserer Gemeinde sind die Belenes. Aber wie oft haben wir schon gedacht, wieviel leichter wäre das Gemeindeleben ohne sie, wie viele Probleme weniger hätten wir. Aber – wieviel ärmer wären wir ohne sie… Wie notwendig gehört diese Arbeit seit den Anfängen zu unserem Gemeindeleben!“ (Pastor Enno Haaks anlässlich des 30. Geburtstags der Versöhnungsgemeinde)
Eine Konsequenz der im Zitat angesprochenen (und manchmal die Gemeinde in ihrer Existenz bedrohenden) Schwierigkeiten war die Abgabe des Kindergartens „La Bandera“ an die dort entstandene lutherische Schwestergemeinde im Januar 2008. Dies und andere Projekte konnten nur Dank der Hilfsbereitschaft vieler großzügiger SpenderInnen in Chile, Deutschland und der Schweiz vollbracht werden. Die Versöhnungsgemeinde erlebte Krisen – war aber damit und darin zum Glück nie allein.
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Links: Es wird viel gebaut – zum Beispiel das neue Pfarrhaus mit Büro und Gemeinderäumen neben der Kirche “Zum Guten Hirten” (oben) und die neue Kapelle “La Esperanza” auf dem Gelände des Colegio (unten). Rechts: Zur Finanzierung der Arbeit im Colegio werden viele kreative Wege gesucht – zum Beispiel Benefizessen “Sushi & Wein”, hier die Vorbereitungen (oben). Beim Fest “30 Jahre Versöhnungsgemeinde” am 10. Juli 2005 ist der Innenhof zum Empfang nach dem Gottesdienst gut gefüllt (unten).
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Die neue Kirche, der Garten, die sala und das neue Pastorat – alles füllte sich schnell mit Leben und wurde vielen Menschen Heimat. „Wo gibt es eine christliche Gemeinde, in der oft zum Gottesdienst genauso viele Kinder wie Erwachsene kommen?“ fragte damals Enno Haaks und fragen wir heute oft. Ebenso halten wir noch heute an der damaligen Neuerung fest, den fünften Sonntag im Monat als zweisprachigen Gottesdienst zu feiern. Und genauso gibt (bzw. gab es bis vor der Corona-Krise) jugendliche Freiwillige im Colegio Belén, die über das weltwärts-Programm der Bundesregierung zu uns kommen, um ein Jahr mit der Schulgemeinschaft zu arbeiten.
Auch das Ringen um pädagogische Wege, den Kindern im Colegio unter schwierigen Umständen etwas zu vermitteln und die fröhlichen Tänze zu den chilenischen Nationalfeiertagen konnte man schon vor 15 oder 20 Jahren erleben. Wenn man einen Bibelvers suchte für die ersten 33 Jahre unserer Versöhnungsgemeinde, so könnte man vorschlagen: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“ (1 Petrus 3,15) Genau das ist passiert – im Gemeindeleben im engeren Sinn und im sozial-diakonischen Engagement.
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Schon seit Mitte der 90ger Jahre ein besonderes Kennzeichen der Versöhnungsgemeinde: Die Arbeit mit Kindern und Familien. Links: Kinder-Kirchen-Übernachtung und Sommerfreizeit in El Tabito. Rechts: St-Martins-Umzug und Vorkonfi-Einsegnung.
Zur weiteren Lektüre können wir sehr die Erinnerungen von den Pastoren Martin Junge (1994-2000) und Enno Haaks (2001-2009) empfehlen, die z.T. schon für frühere Anlässe aufgeschrieben worden sind (jeweils auf den Namen klicken).
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3. Aus der Versöhnungsgemeinde: „Auf einen Kaffee mit…“
In den letzten Jahren haben wir den Winter in unserer Versöhnungsgemeinde genutzt, um verschiedene Themen in Gesprächs- und Diskussionsabenden, aber auch mit Gottesdiensten, Filmen und anderen Veranstaltungen zu vertiefen. Präsent wird das 2020 nicht möglich sein. Aber aufgrund eurer Rückmeldungen haben wir ein Programm für mehrere Termine mit interessanten Gästen entwickeln. Die Veranstaltungen werden jeweils per Zoom stattfinden und einen eher Vortrags-basierten Teil sowie Raum für Fragen und Diskussion beinhalten. Jeweils am Donnerstagabend um 20 Uhr:
ACHTUNG: Termine werden evtl. kurzfristig noch angepasst – noch sind nicht alle Abende bestätigt und unter den aktuellen Umständen kann es leicht zu Änderungen kommen!
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02.7. Schwester Karoline Mayer:
- Geschichte der Versöhnungsgemeinde
- Konkrete Arbeit von Cristovive unter Corona-Bedingungen
- Auswirkungen von Corona auf die Armut in Chile allgemein
30.7. Rabbi Shmuel Szteinhaendler:
- Konkrete Arbeit der jüdischen Gemeinden unter Corona-Bedingungen
- Judentum allgemein
- Netflix-Serie „Unorthodox“
20.8. Botschafter Christian Hellbach
- Deutsche Wiedervereinigung: Prozess vor 30 Jahren
- Rolle Deutschlands heute
- Beitrag der Kirche?
10.9. Direktor Álvaro Rojas (rector UTalca, Ex-Botschafter Chiles in D)
- Rückkehr zur Demokratie in Chile 1990
- Herausforderungen an Demokratie in Chile heute
- Das vereinigte Deutschland in der Welt
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“Freundin unserer Versöhnungsgemeinde” seit Gründungszeit: Schwester Karoline Mayer, hier mit Carlos und Selma Steenbuck.
4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch:
Das Gebet:
Gott: draußen ist der Himmel grau
Und so grau und trostlos sieht es auch in mir manchmal aus.
Ich bringe vor dich, was mich belastet und bedrückt:
…
Gott: draußen ist es kalt und ich bitte dich für alle, die frieren.
Für die Menschen, die auf der Straße leben, für alle die allein sind.
Für die, denen das Herz kalt geworden ist oder die frostig behandelt werden.
Für die, denen man die Tür vor der Nase zuknallt und für alle anderen, die dich brauchen.
Gott: manchmal bricht die Sonne durch die Wolken.
Lass uns Kraft spüren und Zuwendung.
Lass deine Liebe wirken, unsere Herzen und unser Tun erreichen.
Sei bei uns – in dieser Zeit und in Ewigkeit.
Amen.
Der Vers:
Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.
(Jeremias 29,11)
Der Spruch:
›Macht den Weg bereit für den Herrn,
ebnet ihm die Straße!‹
Johannes der Täufer (den Propheten Jesaja zitierend)