Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde,
es ist immer wieder beeindruckend, mit welcher Präzision die zufällig gelosten Bibeltexte für die Tage und Monate im Jahr dann, wenn der Kalender so weit ist, zu passen scheinen! Der Spruch für die erste, am Sonntag beginnende Novemberwoche könnte jedenfalls eine Überschrift für manche Hoffnungen der Reformationszeit sein – aber auch für die Herausforderungen, vor denen Chile in den nächsten Monaten und Jahren steht. Lest dazu das „Angedacht“ zu Beginn dieser Hauspost!
Der Mittelteil steht dann nochmal ganz im Zeichen der Reformation. Ihr findet unter anderem Tipps für einen lehrreichen und trotzdem spannenden Spielfilm über Martin Luther und zu einer Dokumentation über die lutherischen Kirchen in Chile.
Gebet, Vers und Zitat am Ende versuchen, alles aufzunehmen. Eine gute Woche und Herzlichen Glückwunsch zum 31.10.!
- Angedacht „Being soft and fluffy“
- Serie “Reformation und lutherische Kirche“: Der 31.10.1517
- LINK-Tipps für den Reformationstag
- Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch
1. Angedacht „Being soft and fluffy“ Oder: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem! (Römer 12,21)
Manchen wird bisweilen vorgeworfen, sie seien zu weich: weil sie Versöhnung suchen statt Recht zu haben, verhandeln wollen statt auszufechten oder verstehen wollen statt den anderen für „doof“ zu erklären. Das Leben sei nun mal ein Kampf ist dann zu hören. Man müsse sich durchsetzen und am Ende gewinne der Stärkere.
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In etwas zugespitzteren Situationen wie einem Streit mit jemandem, einer politischen Auseinandersetzung oder einem Konflikt zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen wird “der Andere” dann schnell zum Feind, zum Bösen erklärt. Wer die Nachrichten hört oder sich unter Bekannten umhört, wird da schnell viele konkrete Beispiele finden!
Und „das Böse“ muss natürlich bekämpft werden. Mit allen Mitteln!
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Manchmal entsteht viel Schlimmes gerade dadurch, dass jemand unbedingt das Böse bekämpfen will und dabei letztlich aber selbst viel Unheil anrichtet.
Im Krieg ist dann von „Kollateralschäden“ die Rede, wenn zum Beispiel ein Krankenhaus bombardiert wurde. Bei manchen Ehescheidungen werden aus ehemals Geliebten erbitterte Feinde, die auch ihre Kinder ohne Erbarmen in den Konflikt hineinziehen, weil sie ja “Recht” haben. In Auseinandersetzungen zwischen politischen Gegnern kann es zur Dämonisierung von Andersdenkenden kommen und immer wieder auch zu Handgreiflichkeiten.
Wie wäre es dagegen, selbst dem (vermeintlich) Bösen, mit Gutem zu begegnen?
„Dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.“
(Friedensgebet, dem Heiligen Franz von Asisi zugeschrieben)
Wahrheit sagen, Licht entzünden, versuchen zu verstehen – ist das nicht alles eine Position der Schwäche? Das Leben ist kein Ponyhof! Kann man es so zu etwas bringen?
Ein weiches, flauschiges Schaf ist den Wölfen begegnet und kann die Frage trotzdem mit JA beantworten:
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Es war seit Jahren nicht geschoren worden. Vielleicht können wir es uns so vorstellen, wie das neuseeländische Merinoschaf Shrek, welches nach der Flucht von seiner Farm sechs Jahre allein durch die Wildnis zog. Es fraß und wuchs. Und aus der Wolle wurden Wollbüschel. 28kg wog der Pelz, als es am Ende seiner Reise wieder zu den Menschen zurückkam und von seiner Last befreit wurde.
Als die Wölfe nun aber so ein Schaf angriffen, blieben sie chancenlos. Sie waren schneller. Und natürlich stärker. Ihre Krallen scharf und ihre Zähne lang. Ihr Hunger groß und das Schaf eine attraktive Beute.
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Doch sie konnten ihm nichts anhaben. Durch die dichte, dicke Wolle kamen sie nicht hindurch. Das Schaf widerstand allen ihren Angriffen. Sein „Trick“? Es war „weich und fluffig“ – anscheinend das Beste, was ihm passieren konnte .
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!
2. Serie “Reformation und lutherische Kirche“: Der 31.10.1517
In Chile ist er (wie in manchen Gegenden Deutschlands) Feiertag. War es also der 31.10., an dem sich die Glaubenswelt radikal veränderte oder an dem die lutherische Kirche gegründet wurde?
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Martin Luther schlägt seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche (Filmszene – LINK unter 3.) UND: Wittenberg in einer zeitgenössischen Darstellung von 1536 (die Türme der Schlosskirche sind am linken Stadtrand zu sehen).
Nein. Das, was wir heute „Reformation“ nennen, war ein Prozess. Schon vor Martin Luther (*1483) gab es engagierte Menschen, die die Kirche der damaligen Zeit verändern wollten und auch einige Erfolge dabei hatten. Und nach seinem Tod (1546) gingen die Auseinandersetzung über „die rechte Lehre“ unter anderem auch auf dem Schlachtfeld unvermindert weiter.
Warum wird nun aber der 31.10. so hervorgehoben? An diesem Tag soll Martin Luther im Jahr 1517 seine berühmten „95 Thesen gegen den Ablass“ an die Türe der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben.
Unzweifelhaft ist, dass die Thesen sich rasch in Deutschland verbreiteten und neben viel Zustimmung auch heftige Kritik und später ein „Ketzerverfahren“ durch die katholische Amtskirche zur Folge hatten. Historisch gesichert ist auch, dass die Tür der Schlosskirche damals so eine Art „Schwarzes Brett“ der Universität darstellte, an dem durchaus Thesen zur öffentlichen Diskussion angebracht wurden.
Dass der Reformator selbst zum Hammer griff, ist jedoch eher unwahrscheinlich und auch ob der Aushang an einem 31.10. erfolgte, ist ungesichert. Aber zumindest gibt es einen auf den 31.10.1517 datierten Brief, mit welchem Luther seine Thesen an den lokal zuständigen Bischof schickt.
Es gibt also keinen „Beweis“, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass das berühmte Schriftstück Ende Oktober / Anfang November an der Wittenberger Schloßkirchentür hing.
Rückblickend sagt der Reformator, dass die 95 Thesen zum Ablass keineswegs der entscheidende Schritt war, der das Papsttum zum Einsturz brachte. Aber es war vielleicht der erste entscheidende Schritt, welchem viele weitere folgten. Und der am Ende unzweifelhaft zu großen Veränderungen führte. Ein Grund, diesen Tag als Reformationstag besonders zu begehen!
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3. LINK-Tipps für den Reformationstag:
Vor 500 Jahren gab es große Missstände in der damaligen Kirche. Und große Veränderungen! Mutige Männer und Frauen wollten aufgrund ihres Glaubens und ausgehend von der Bibel zu einem positiven Wandel beitragen. Einer der berühmtesten von ihnen war der deutsche Mönch Martin Luther, dessen Erkenntnisse, Überzeugungen und Reformen bis heute christliche Gemeinden in aller Welt prägen. Sie nennen sich deswegen lutherische Kirchen. Hier einige Tipps aus dem WWW zum Weiterlesen, -hören, -schauen:
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Über die Geschichte der luth. Kirchen in Chile gibt es einen 15min Film (auf Spanisch) – auch dafür hier der LINK. Einen Text unseres Pastors über Geschichte und Werdegang der lutherischen Kirchen hier, am Ende der Welt, könnt ihr HIER herunterladen.
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Wenn euch das Leben, die Lehre, aber auch die Bedeutung von Martin Luther heute interessieren, könnt ihr mit Hilfe der aufgeführten Links weiterlesen – jeweils direkt auf den Text klicken. Zu den Auswirkungen der Reformation hat die ARD unter dem Motto “Schulpflicht, Arbeitswut und Marktwirtschaft” Film- und Fernsehbeiträge zusammengestellt.
Kurz und bündig über Martin Luther und die Reformation in einem Radiobeitrag der Deutschen Welle.
Einen ausführlichereren Lebenslauf des Reformators gibt es z.B. auf Wikipedia.
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Reformationsjubiläum (wurde 2017 in der ganzen Welt gefeiert)
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4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch:
Das Gebet:
Guter Gott, danke für diesen neuen Tag, den du uns mit neuen Hoffnungen für unser Land schenkst. Danke Gott, für diesen historischen und demokratischen Tag, den wir gestern (er-)leben konnten. Danke, dass sich eine Tür der Hoffnung öffnet auf Versöhnung und darauf, dass wir ein gerechteres Land konstruieren können; ein Land, das die Vielfältigkeit umarmt und das Leben und die Würde aller, die in ihm wohnen, schützt und bewahrt.
Hilf uns nun mit deiner Weisheit, dass wir Raum und Möglichkeiten für Dialog, Begegnung und gegenseitiges Zuhören schaffen, um gemeinsam das Land zu gestalten, das wir uns erträumen. Bewahre Du weiterhin unser Volk, dass sich die Gewalt in konkrete Vorschläge verwandeln möge für einen Frieden mit Gerechtigkeit. Segne und leite uns durch deine Gnade in dieser neuen Zeit. Dass wir MittlerInnen werden von Frieden und Gerechtigkeit. Dass uns die Solidarität in Fleisch und Blut übergehe als tägliche Lebensform und dass wir unseren Weg in gegenseitigem Respekt und Liebe gehen können.
Begleite mit deiner Barmherzigkeit und Fürsorge alle Kranken und tröste mit deiner Liebe alle, die um den Verlust eines geliebten Menschen weinen.
Möge dein Frieden uns begleiten in dieser neuen Woche. Amen.
(Izani Bruch; Bischöfin der IELCH; Montag, der 26.10.20)
Der Vers:
»Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!« Wenn ihr euch aber untereinander beißt und fresst, so seht zu, dass ihr nicht einer vom andern aufgefressen werdet.
(Gal 5,14b+15)
Der Spruch:
“Selbst wenn wir unterschiedlich denken, wir bauen gemeinsam.“
(Ein Manifest für den Tag danach – eine gemeinsam von der Universidad de Chile und der Universidad Católica initiierte Plattform, siehe: https://www.tenemosquehablardechile.cl/)