Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitglieder der Versöhnungsgemeinde,
der Oktober bringt besondere Ereignisse – für uns als lutherische Kirche leuchtet schon der 31.10., der Reformationstag. Deutschland feiert bereits am Samstag „30 Jahre Wiedervereinigung“ und in Chile stehen sehr wichtige Dinge auf der aktuellen politischen Agenda. All das wird in unserer neuen Hauspost vorkommen – im Angedacht, in einer neuen Serie zu Themen der Reformation und in den Informationen aus unserer Gemeinde. Gebet, Zitat und Vers dürfen natürlich nicht fehlen.
- Angedacht: Suchet der Stadt Bestes!
- Serie “Reformation und lutherische Kirche“
- Versöhnungsgemeinde: Konfi-Start, 2x Zoom-Gottesdienst im Oktober und am Ende vielleicht auch schon real?
- Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch
1. Angedacht: Suchet der Stadt Bestes!
Morgen beginnt der Oktober und der verspricht eine politisch besonders spannungsvolle Zeit. Vor einem Jahr begann mit dem SchülerInnen-Protest gegen die Fahrpreiserhöhung der Metro der „estallido social“. Und eine der Auswirkungen dieses Protestes ist es, dass in diesem Oktober über eine mögliche Änderung der Verfassung abgestimmt werden wird.
Manche setzen große Erwartungen in eine neue „constitución“, andere erwarten, dass sich wenig ändern, aber die Unwägbarkeiten des Prozesses zu weiteren Verwerfungen führen wird. Manche hoffen, dass der Schwung der generationenübergreifenden Proteste im letzten Jahr Chile positiv verändern wird, andere befürchten das Wiederaufflammen der Gewalt.
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Und all das nach einem halben Jahr Pandemie-Ausnahmezustand! Es wird ein spannender Oktober. Vielleicht auch ein heißer. Oder ein besonders enttäuschender. Der schon vor langer Zeit für diesen Monat ausgeloste Bibelvers scheint in jedem Fall exzellent zu passen: „Suchet der Stadt Bestes!“ (Jeremia 29,7)
„Fragt nach dem Frieden der Stadt!“ könnte man etwas genauer übersetzen. Und dabei wird sofort klar, wie weit wir von diesem biblischen Auftrag entfernt sind. Denn von der Sorge um den Frieden, ums „Gesamtwohl“ (Shalom) scheinen viele politischen und sonstigen Äußerungen meilenweit entfernt zu sein. Ein unrealistischer Hinweis also? Ein „frommer Wunsch?“
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2020 – das wird ein sehr besonderer Oktober in Chile..
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Es geht nicht darum, dass die eigene Meinung gewinnt, dass man die anderen widerlegt oder überstimmt. Es geht nicht darum, Angst zu schüren oder haltlose Versprechungen zu machen. Es geht auch nicht darum, mit Gewalt möglichst viel Aufmerksamkeit zu erzeugen oder Frust herauszulassen. Weder politischer noch persönlicher Geländegewinn ist jetzt gefragt. Es geht um der Stadt (oder des Staates) Bestes! Gemeinwohl statt Partikularinteressen.
Der Bibelvers mag denen, die Jeremia vor 2.500 Jahren hörten, noch schräger vorgekommen sein, als uns im chilenischen Oktober des Jahres 2020. Damals war die Ober- und Mittelschicht des Volkes Israel nach der Eroberung Jerusalems durch die Babylonier verschleppt worden. So betrieb König Nebukadnezar „Friedens“-Politik: die Führung eines besiegten Landes wird nach Babylonien ins Exil gebracht – die eroberte Region lässt sich leichter regieren und die feindlichen Anführer hat man genau im Auge, bzw. kann sie von den Vorteilen der babylonischen Kultur überzeugen und in diese integrieren.
Und diesem Staat gegenüber soll man das Beste suchen? Mit Exil und Gewalt, mit der Zerstörung des Tempels und der möglichen Auslöschung des eigenen Volkes seinen Frieden machen? Unglaublich, dass das Gottes Wort sein soll. Unverständlich, warum Jeremia so redet!
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Doch beide scheinen es ernst zu meinen. „Betet für eure Stadt zum HERRN!“ heißt es weiter. „Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte.“ Richtet euch ein. Macht das Beste draus. Sucht nach dem guten Leben für Euch und für andere. Jeremia sagt nicht: Bekämpft die Babylonier! Sagt auch nicht: Vergesst eure Heimat! Oder: Passt euch vollständig der neuen Kultur an! Es geht nicht darum, sich selbst aufzugeben oder zu verleugnen. Aber schon darum, auch die Anderen und das Wohl aller in den Blick zu nehmen.
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Für sie zu beten. Selbst wenn es die Widersacher sind. Eine lebenswerte Umgebung zu schaffen, von der alle profitieren. Und das kommt einem dann doch extrem aktuell für unsere Situation im chilenischen Frühjahr in Zeiten der Pandemie vor! Es könnte heißen, auf der politischen Bühne, aber auch im Chat oder wo auch immer der anderen Meinung wirklich zuzuhören. Zu überlegen und zu unterstreichen, was uns über alle Differenzen verbindet und wie wir gemeinsam aus Chile ein besseres Land machen können. Konstruktiv an Lösungen mitzuarbeiten, statt Probleme auszumalen. Eben das Wohl aller im Blick zu haben!
„Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.“
2. Serie “Reformation und lutherische Kirche“. Zum Auftakt: Luther und die Musik
Wir wissen nicht, ob Martin Luther schon als Kind in seinem Elternhaus sang und noch viel weniger, ob er dabei fröhlich Verse reimte und Melodien erfand, wie es noch heute Kinder in aller Welt tun… Aber wir wissen, dass Martin bereits in der Schule praktisch und theoretisch in Musik unterrichtet wurde und dass dies an der Universität seine Fortsetzung fand. Er sang im Knabenchor und unter seinen Studienkollegen war er als Musiker berühmt.
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20 Jahre später heiratete der Ex-Mönch Martin die Ex-Nonne Katharina – beide waren musikalisch gebildet und so verwundert es nicht, dass auch ihr Haus sich mit Musik und Liedern füllte. Martin und Katharina hatten sechs Kinder und fast immer saßen noch mehr Personen am Tisch: Universitätskollegen und Studenten, auch Gäste aus ganz Europa. Und es wurde gemeinsam gesungen – alles, von Kinderliedern bis zu religiösen Lobgesängen. In fröhlichen, aber auch in traurigen Situationen. Um sich Mut zu machen oder einen Erfolg zu feiern.
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Für Martin ist Musik nach der Theologie das Wichtigste in seinem spirituellen und professionellen Leben. Er sagte: „Ich liebe die Musik. Sie ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes; sie vertreibt den Teufel, weckt die Freude, bringt den Frieden und macht die Menschen fröhlich. Musik beruhigt den Zorn und vertreibt den Hochmut.“ Und gemäß dieser Einsicht nutze er seine Talente in Musik und Dichtkunst, um neue Lieder zu erfinden.
Eines der ersten Projekte der Refomation war die Übersetzung der Lateinischen Messe ins Deutsche. Die Menschen sollten wirklich verstehen, was sie im Gottesdienst feiern und das Wort Gottes sollte zu allen Herzen und allen Köpfen sprechen können. Und Martin wollte natürlich auch, dass die Menschen singen. In ihrer eigenen Sprache! So wurde 1523 das evangelische Gesangbuch erfunden. Martin schrieb selbst Texte auf bekannte Melodien oder erfand Lieder komplett neu.
Bis 1530 gab es schon zwei weitere Ausgaben des “Wittenberger Gemeindegesangbuchs”. Manche sagen, dass dieses Buch mehr alles alles andere zur Verbreitung der Reformation in ganz Deutschland und vielen Teilen Europas beigetragen hat. Den Leuten gefielen die Lieder. Und diese halfen wiederum, die neue protestantische Theologie kennen zulernen und zu vertiefen. Auch wer nicht lesen konnte, hatte einen Zugang, denn die Lieder wurden einfach immer wieder gesungen, bis sie sich auswendig eingeprägt hatten.
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Martin Luther: berühmter Reformer und begnadeter Musiker.
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Martin nutzte dabei klassische christliche Melodien bis hin zum gregorianischen Gesang. Aber er hatte auch keine Scheu, populäre Melodien, die die Menschen auf den Straßen sangen, zu verwenden. Diese bekannten Weisen halfen ihm dabei, seine Botschaft der christlichen Freiheit, der Liebe Gottes und der Erlösung durch Jesus Christus zu verbreiten. Viele seiner Lieder sind wie Katechismen, die die Grundlagen des lutherischen Glaubens und der lutherischen Spiritualität einprägen und vertiefen. Und schon in den ersten Gesangbüchern finden sich darüber hinausgehend Gebete, Meditationen und Anregungen zur persönlichen Andacht.
Luther hatte die Hoffnung, dass diese Bücher nicht nur in den Gottesdiensten sondern auch in den Haushalten, im Alltag genutzt würden. Und das passierte tatsächlich! Mit der Reformation entstand eine neue protestantische Kultur und Spiritualität. Die Menschen lebten ihren Glauben mit Hilfe der Lieder und Gesangbücher.
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Auch wir sind eingeladen, den Reichtum der christlichen Musik zu entdecken – in Liederheften und Gesangbüchern, in Gottesdiensten, auf Konzerten und bei YouTube. Das Beste ohne zweifel ist: es zu tun – zu singen! Auf dass der Wunsch Luthers Realität werden möge: dass die Musik unsere Seelen belebe, den Zorn beruhige und unserem Land Frieden bringe.
Die musikalischen Hits unserer Versöhnungsgemeinde könnt ihr mit einem “klick” hier lesen und in vielen Fällen auch hören oder Videos dazu sehen.
3. Versöhnungsgemeinde: Konfi-Start, 2x Zoom-Gottesdienst im Oktober und am Ende vielleicht auch schon real?
Wie schon letzte Woche angekündigt, wollen wir noch im Oktober mit dem neuen Konfi-Kurs-starten! Nächsten Mittwoch ist der Elternabend zur Anmeldung – mehr Infos findet ihr HIER. Die neue Konfi-Gruppe wird sich dann in einem Zoom-Gottesdienst der Gemeinde vorstellen: am 18. Oktober um 11 Uhr. Wie schön! Wir freuen uns schon.
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Ebenso für den Oktober ist ein weiterer Gottdesdienst mit den anderen Gemeinden unserer Iglesia Evangélica Luterana (IELCH) geplant – bereits am kommenden Sonntag (4.10.), zu unserer normalen Gottesdienst-Zeit um 11 Uhr. Thema wird die Rolle der Kirchen auf dem Weg zur Einheit Deutschlands sein, also während der Friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR – schließlich ist einen Tag vorher (am 3. Oktober) der 30. Jahrestag der Deutschen Einheit. Herzliche Einladung zu diesem Gottesdienst! Wer nochmal in der Hauspost von der Wiedervereinigung der evangelischen Kirchen (ehemals „Ost“ und „West“) lesen möchte, klicke HIER.
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Nach wie vor hoffen wir auch, Ende Oktober dann den ersten Gottesdienst wieder in Präsenzform feiern zu können! Seit einer Woche ist es ja überhaupt wieder erlaubt, solche religiösen Feiern durchzuführen – natürlich unter Einhaltung der gängigen Corona-Schutzmaßnahmen. Wann und wie wir das genau ausprobieren, wird der Kirchenvorstand auf seiner nächsten Sitzung beraten. Zum Glück haben wir ja nicht nur eine schöne Kirche, sondern auch einen tollen Garten…
Bereits an diesem Freitag lädt die IELCH zu einem conversatorio über eine mögliche neue constitución ein: „Bienes comunes y nueva forma de relacionarnos con la Casa común“. Unter anderem mit dem berühmten Theologen Leonardo Boff aus Brasilien und unserer Bischöfin Izani Bruch: 2. Oktober, 19.30 Uhr stream auf der Facebook-Seite der IELCH.
4. Am Schluss: ein Gebet, ein Vers und ein Spruch
Das Gebet:
Gott, manchmal fällt es schwer, nicht nur auf mich und die eigenen Bedürfnisse zu schauen, sondern auf das, was zum Wohle aller dient.
Und es fällt schwer, von Positionen abzurücken, die mich doch eigentlich so überzeugen.
Gott manchmal fällt es schwer, ein Lied im Herzen zu haben, weil einer so gar nicht danach zu Mute ist.
Und es fällt schwer zu loben und das Positive im Blick zu behalten.
Darum bitte ich dich:
Weite meinen Blick und öffne mein Herz,
zaubere mir ein Lied auf die Lippen und schick mir Gründe über Gründe zum Loben.
Denn du kannst das.
Und dafür danke ich dir.
Amen.
Der Vers:
Singt Gott ein neues Lied,
lasst eure Instrumente schön erklingen
und ruft eure Freude laut hinaus!
(Psalm 33,3)
Der Spruch:
„Die Musik ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes; sie vertreibt den Teufel und macht die Menschen fröhlich.“
(Martin Luther)